Die 27 Teilnehmer des Seminars winden sich am Boden, einige schweben in Lebensgefahr. Eine Psychodroge wird gefunden, es soll um erweitertes Bewusstsein und eine höchst umstrittene Therapieform gegangen sein. Nun wird der Vorfall die Richter beschäftigen.

Stade/Handeloh - Mehr als zwei Jahre nach dem Massenrausch bei einem Heilpraktiker-Treffen in der Nähe von Hamburg muss sich einer der beiden Organisatoren vor Gericht verantworten. Der Prozess vor dem Landgericht Stade in Niedersachsen soll am 2. November beginnen, teilte eine Sprecherin am Freitag mit. Dem Angeklagten wird Drogenbesitz und Überlassen von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch vorgeworfen.

 

Die 27 Teilnehmer des Seminars in Handeloh waren am 4. September 2015 mit Wahnvorstellungen, Krämpfen und Herzrasen in verschiedene Kliniken gebracht worden. Mehr als 160 Rettungskräfte waren nach Handeloh geeilt, um zu helfen. Notärzte kämpften in der parkähnlichen Anlage südlich von Hamburg um das Überleben der Betroffenen. Bald wurde klar: Ein Drogenexperiment soll es gewesen sein, möglicherweise sogar mit Sekten-Hintergrund. Teilgenommen an dem Seminar hätten Heilpraktiker, Ärzte, Homöopathen und Psychologen, hatte die Geschäftsführerin des Tagungszentrums nach dem Vorfall berichtet.

Psycholyse ist äußerst umstritten

Dem 52 Jahre alten Angeklagten wird nach Angaben der Sprecherin vorgeworfen, als Veranstalter an die Seminarteilnehmer verschiedene Betäubungsmittel verteilt zu haben. So sollte im Rahmen einer äußerst umstrittenen Therapieform, der sogenannten Psycholyse, eine Bewusstseinserweiterung erreicht werden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist der Angeklagte Diplom-Psychologe und Psychotherapeut.

Beschuldigt wurde zunächst auch eine Heilpraktikerin aus Aachen, die Ehefrau des Angeklagten. Das Verfahren gegen die 48-Jährige sei aber gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt worden, sagte die Gerichtssprecherin am Freitag. Die Kammer habe bei ihr zuvor nur den Anklagevorwurf des Überlassens zugelassen. Bis zum 6. Dezember hat das Gericht insgesamt drei Verhandlungstage angesetzt. Ermittlungsverfahren gegen die Teilnehmer waren nach und nach eingestellt worden.