Fehlende Zinszahlungen reißen Löcher in den Etat der Stadt Stuttgart. Und die Milliardeneinlage schrumpft so langsam.

Stuttgart - Aller Diskussionen über die Kreditaufnahme und die Ausgabenwut der Kommunalpolitiker zum Trotz – bei den Einnahmen steht die Stadt gut da. Die Novembersteuerschätzung und der Beschluss des Landes, die Stadt bei der Kleinkindbetreuung besser zu unterstützen, ergeben noch einmal ein Plus von voraussichtlich rund 100 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre und von 230 Millionen Euro im Zeitraum zwischen 2012 und 2015.

 

Negativ schlägt sich allerdings die im Frühjahr 2009 gegen den Protest von Grünen, Linken und SÖS beschlossene Kapitalerhöhung bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) nieder. Auf Vorschlag der Verwaltungsspitze entschied sich damals die Gemeinderatsmehrheit, den städtischen Anteil am Unternehmen von 18,9 Prozent zu halten, indem man der in den Sog der Finanzkrise geratenen Bank mit 946,6 Millionen Euro frischem Geld aushalf, das bis dahin auf sicheren Festgeldkonten mit damals etwa zwei Prozent Rendite schlummerte. 20 Millionen Euro Zinseinnahmen seien jedenfalls besser als nichts gewesen, sagen die Kritiker von damals und verweisen auf die angespannte Lage bei der LBBW, bei der seit der Auffrischung nichts zu holen war. Aus Ertragssicht ist die Bank für die Stadt seit zwei Jahren ein Millionengrab. Die negativen Ergebnisse führten dazu, dass es sowohl 2010 als auch 2011 keine sechsprozentige Ausschüttung auf das kommunale Stammkapital von mittlerweile 1,2 Milliarden Euro und auch keine Zinszahlung für die stillen Einlagen von 698 Millionen Euro gab – dabei hatte der Kämmerer im Doppelhaushalt 184 Millionen Euro fest eingeplant.

Besserung ist vorerst nicht in Sicht

Wann die 966,8 Millionen Euro wieder zurück in den Stadthaushalt wandern, ist ungewiss. Geplant war, spätestens 2014 zu beginnen und es in fünf Schritten zu tun. Noch schlimmer: die Verluste in den vergangenen Jahren haben den Nominalbetrag der stillen Einlagen reduziert _ um fast sieben Prozent (etwa 45 Millionen Euro). Wenigstens ist die Bank angehalten, den Kapitalgebern die Zinsen aus stillen Einlagen nachträglich auszuzahlen; das wären für die Stadt 85 Millionen Euro für die beiden letzten Jahre. Aber erst einmal muss die LBBW Gewinn einfahren. Und vor die Nachzahlung hat der Gesetzgeber erst noch die Pflicht zur Werterholung gestellt. Priorität genießt also, Kernkapital und stille Einlagen auf den alten Stand zu bringen; dafür werden Tausende Wohnungen verkauft. Außerdem wird eine Umwandlung der stillen Einlagen in Kernkapital diskutiert, für das es keine Nachschusspflicht gibt.

Besserung ist – aus städtischer Sicht – also vorerst nicht in Sicht: Der Erste Bürgermeister Michael Föll (CDU), der die Finanzspritze vor allem aus strategischen Motiven heraus befürwortet hatte, informierte darüber, dass die LBBW wegen dieser Pflicht zur Wertaufholung, vor allem aber wegen „der aktuellen Entwicklungen bei der Euro-Staatsschuldenkrise“ die Wiederaufnahme von Zinszahlungen und Ausschüttungen verschieben müsse. Die Haushaltsansätze für 2012 und 2013 sind angepasst worden – nach unten versteht sich, und zwar um 20 Millionen Euro im nächsten Jahr und um 40 Millionen Euro 2013.

Dass Föll die Korrektur nicht auf die komplette Zinsertragschance in Höhe von rund 115 Millionen Euro jährlich ausdehnt, liegt allein daran, dass die Stadt von den Problemen der Bank doch profitiert: Für ihre Beteiligung am 12,7 Milliarden Euro umfassenden Rettungsschirm für „toxische Papiere“ fließen ihr zwischen 70 und 90 Millionen Euro jährlich zu. Die Gebühr schlägt sich bei der LBBW als Aufwand nieder. In den vergangenen zwei Jahren erhielt die Stadt für ihre Bürgschaft 178,7 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung, dass 184 Millionen Euro Zinsen ausfielen, habe die Stadt im Ergebnis die Haushaltszahlen „annähernd erreicht“, schlussfolgert Föll – und schließt damit allerdings den Fall aus, dass sowohl Gebühren als auch Zinseinnahmen verbucht werden könnten.