In den Bezirken Degerloch, Birkach, Plieningen und Sillenbuch sind in den vergangenen 600 Wohneinheiten entstanden, weil die Stadt genau hingeschaut hat. Seit 1990 sucht sie Lücken im Stadtbild, die keine Lücken sein müssten.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder - Fast 600 Wohnungen sind in Birkach, Plieningen, Degerloch und Sillenbuch neu gebaut worden, weil die Stadt Stuttgart genau hingeschaut hat. Petra Rheinisch, eine Mitarbeiterin des Stadtplanungsamts, hat in den vergangenen Jahren nach und nach aufgelistet, wo es im Stadtbild Lücken gibt. Lücken, die keine Lücken sein müssten. In den Stadtbezirken unter dem Fernsehturm sind auf diese Weise 322 Orte zusammengekommen, an denen theoretisch nichts gegen einen Wohnungsneubau spräche.

 

Die Stadt vermittelt auf Wunsch an Investoren

In der Gesamtstadt gibt es insgesamt rund 1900 solcher Baulücken, sie böten Platz für 10 000 Wohneinheiten. Ob daraus etwas wird, liegt letztlich im Ermessen der Grundstücksbesitzer. Denen hat die Stadt in den vergangenen Jahren nach und nach Briefe geschickt. Darin erkundigt sich die Verwaltung, was der Eigentümer mit der Lücke vorhat, und dass sie – auf Wunsch – an einen Investor vermitteln könnte.

Manchmal rufen auch Leute von sich aus bei der Stadtplanerin Petra Rheinisch an, weil sie bei einem Stadtspaziergang ein Grundstück entdeckt haben, auf dem sie in der Fantasie schon ihr Häuschen stehen sehen. Dann versucht sie gern, den Kontakt zum Besitzer herzustellen.

Stuttgart soll im Inneren wachsen

Stuttgart soll im Inneren wachsen

Die Stadtverwaltung hat ein Interesse daran, dass möglichst alle Baulücken geschlossen werden. Stuttgart soll möglichst in seinem Inneren wachsen, das schont das freie Feld am Stadtrand. Dank der Baulücken-Aktion blieben rein rechnerisch 135 Hektar unberührt. Denn von den stadtweit 1900 erfassten Lücken konnten bis Anfang dieses Jahres 920 gestopft werden. Das entspricht 5300 Wohneinheiten.

Die meisten der von der Stadt Angeschriebenen hätten sich zurückgemeldet, sagt Petra Rheinisch. „Damit kann man eigentlich zufrieden sein.“ Wobei eine Antwort nicht automatisch heißt, dass Baupläne erwünscht sind. Klassischer Fall: Im Garten eines Hauses wäre ein weiteres Haus erlaubt. „Das Interesse, dass dort gebaut wird, ist eher gering“, sagt sie. Oder erst dann, wenn die Kinder dort ihr Eigenheim errichten wollen. Bis dahin bleibt die Lücke oftmals eine Lücke. „Wenn man sich das leisten kann“, sagt Petra Rheinisch.

Das Ziel ist ein Baulandkataster

Seit dem Jahr 1990 macht sich die Stuttgarter Stadtverwaltung ein Bild von den Lücken. Ziel ist ein Baulandkataster, auf dem Bauwillige im Internet nachschauen können, wo dafür in Stuttgart noch Platz wäre. Das Kataster soll im Herbst dieses Jahres online gehen.

Mit den Außenbezirken ist Petra Rheinisch durch, was noch fehlt, „ist im Wesentlichen die Innenstadt“, sagt sie. Dort gestaltet sich die Inventur der Flächen am schwierigsten. Schlicht, weil schwer zu unterscheiden sei, welche Grundstücke für Wohnen und welche für Gewerbe infrage kämen. „Außerdem werden sie dort oft anderweitig genutzt“, sagt Petra Rheinisch. Sie erzählt zum Beispiel von einem Eigentümer, der seine Fläche als Parkplatz vermietet. Das sei lukrativ, „und man hat keinen Ärger mit Mietern“, sagt sie.

677 weitere Wohnungen wären theoretisch möglich

677 Wohnungen wären noch möglich

In Birkach hat die Stadt insgesamt 33 Lücken ausfindig gemacht, von denen inzwischen elf bebaut sind; in Plieningen gab es 87, derzeit sind es noch 59; in Sillenbuch waren es 130, von denen mittlerweile 56 geschlossen sind; in Degerloch kam die Stadt auf 72 Baulücken, 27 sind in der Zwischenzeit geschlossen. Würden sich alle fraglichen Eigentümer durchringen und ihr Grundstück für den Bau freigeben, kämen in den Stadtbezirken unter dem Fernsehturm weitere 677 Wohnungen dazu.