Die Bauarbeiter auf der Baustelle für die Stadtbahnlinie U 12 in Münster kommen pro Tag weniger als einen Meter voran. Schuld ist das schwierige Erdreich. Dennoch ist man bei den Stuttgarter Straßenbahnen zuversichtlich, den Zeitplan einhalten zu können.

Stuttgart - Die ersten 20 Meter sind geschafft. Seit dem 22. Februar entsteht in Münster der neue Tunnel für die Stadtbahnlinie U 12. Rund um die Uhr wird auf der Baustelle in mehreren Schichten gearbeitet. Trotzdem geht es in 24 Stunden nur weniger als einen Meter voran. „Das ist sehr langsam“, sagt Georg Wilhelm bei einem Vor-Ort-Termin. Er ist beim Tiefbauamt für das Projekt verantwortlich. Die Stadt baut den Tunnel. Erst wenn der Rohbau dann fertig ist, übernehmen die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB).

 

Schwieriger Untergrund für den Tunnelbau

1,1 Kilometer ist der dritte Teilabschnitt vom Hallschlag bis zur Aubrücke lang. 488 Meter davon werden die Züge unter der Erde zurücklegen. Während die äußeren Abschnitte des Tunnels in offener Bauweise entstehen, muss das rund 200 Meter lange Mittelstück bergmännisch vorangetrieben werden. Dass das in diesem Bereich nicht einfach würde, war den Verantwortlichen von Anfang an klar. Das Gebiet wurde im 19. Jahrhundert für den Bau eines Bahndamms und Anfang der 1990er Jahre für den Bau der Löwentorstraße aufgefüllt. Lehmboden, Kiesbänke und Travertingestein – „wir haben hier alles“, sagt Wilhelm. Der Einsatz einer Tunnelbohrmaschine kam nicht infrage. Diese macht laut dem Projektleiter nur Sinn, wenn die Geologie gleich bleibt. Im Falle des U-12-Tunnels habe man sich für das Ulmenstollenverfahren entschieden. Eine sehr kleinteilige Methode, bei der das Erdreich mit einem Bagger vorsichtig in mehreren Arbeitsschritten herausgebrochen und der frei gelegte Abschnitt mit Eisenmatten und einer Schicht Spritzbeton gesichert wird.

Trotzdem hatte es im bergmännischen Tunnel gleich zu Beginn der Baumaßnahme einen Arbeitsunfall gegeben. Ein Bauarbeiter wurde durch herabfallende Erde verletzt. Zwei Wochen lang standen die Arbeiten still. Dann wurden die Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft. Da, wo es die Geologie erfordere, „arbeiten wir noch kleinteiliger“, sagt Wilhelm.

Umwege für Radfahrer und Fußgänger

Doch der Tunnel ist nicht der einzige Ort, an dem derzeit  gearbeitet wird. An der Löwentorstraße entsteht ein neuer Fußgängersteg. Die eigens für die Bauphase angelegte Baustraße ist seit dieser Woche fertig. Sie verläuft parallel zur Löwentorstraße und soll verhindern, dass es zu Verkehrsbeeinträchtigungen kommt. Das gleiche Ziel verfolgen die Projektverantwortlichen auch mit dem Bau sogenannter Behelfsbrücken im Kreuzungsbereich Löwentor-/Bottroper Straße. Während oben der Verkehr weiter fließt, kann unten gearbeitet werden. Im Bereich Aubrücke wird es allerdings zu Beeinträchtigungen für Radfahrer und Fußgänger kommen. Dort soll die U 12 an das bestehende Streckennetz angeschlossen werden und weiter bis nach Remseck fahren. Während der Brückenbauarbeiten, von Juli bis November, wird die Unterführung unter der Neckartalstraße gesperrt. Radfahrer und Fußgänger müssen einen Umweg in Kauf nehmen.

Parallel zum dritten Streckenabschnitt nimmt die SSB nun auch den vierten in Angriff. „Wir wollen hier mit 80-Meter-Zügen fahren“, sagt SSB-Projektleiter Markus Zwick und ergänzt: „Wir erwarten ein hohes Fahrgastaufkommen.“ Deshalb müssen die Haltestellen entlang der Strecke verlängert werden.

Baustelle zieht Neugierige an

Auch wenn es beim Tunnelbau nur langsam vorangeht, sind SSB und Tiefbauamt optimistisch, dass der Zeitplan eingehalten werden kann. Dass die Arbeiten teilweise sehr aufwendig seien, habe man eingeplant, heißt es. Von Ende 2016 an soll die Stadtbahnlinie U 12 von Remseck bis auf die Filderebene fahren. Touristen zieht das Bauwerk aber schon heute an. Parallel zum Presserundgang schaut sich eine Gruppe von Studenten der Fachhochschule Kärnten auf der Baustelle um. Gerade das Tunnelbauverfahren steche sowohl technisch als auch durch seinen Schwierigkeitsgrad heraus, sagt Wilhelm.