Zu wenige Aufzüge, eine gesperrte Dachterrasse – und jetzt die automatischen Eingangstüren: Architektonisch ist die neue Stadtbibliothek eine Erfolgsgeschichte, doch an der Technik hapert es.

Stuttgart - Die neue Bibliothek ist seit ihrer Eröffnung eine Erfolgsgeschichte – inhaltlich und architektonisch. Technisch hat der Würfelbau aber von Anfang an seine Probleme, unter anderem mit zu wenigen Aufzügen und zu langen Toilettenwegen. Zurzeit wird deshalb für viel Geld ein dritter Aufzug nachträglich eingebaut. Doch die Pannenliste wird trotzdem länger. So darf die große Aussichtsterrasse auf dem Dach auch sieben Monate nach der Eröffnung nach wie vor nicht genutzt werden und weitere, noch gravierendere Probleme, stehen buchstäblich vor der Tür: Die vier automatischen Eingänge funktionieren oft nicht mehr kontrolliert, dieser Tage musste kurzfristig auf manuellen Betrieb umgestellt werden. Seit vor Kurzem eine Besucherin verletzt wurde, herrscht Alarmstimmung bei den Verantwortlichen.

 

„Es gibt Probleme mit den Eingangstüren“, bestätigt der Leiter des Hochbauamtes, Ulrich Klenk, auf Anfrage. „Das Haus steht bisher ziemlich allein. Bei böigem Wind kann es sein, dass die Türen zugedrückt werden oder nicht aufgehen, das kann schon mal gefährlich sein.“

Wie gefährlich, das musste jüngst eine Besucherin erfahren. „ Weil die Türe nicht mehr kontrolliert geöffnet und geschlossen hat, wurde die Frau beim Reingehen unglücklich von der Türe getroffen und ihr Finger eingeklemmt, da mussten wir den Arzt holen“, schildert Bibliothekschefin Ingrid Bussmann den Vorfall. Man sei über die Türmängel, die es von Anfang an gab, sich jetzt aber vor allem beim Haupteingang verschärft haben, „todunglücklich“. Bussmann: „Wir haben täglich 3000 bis 4000 Besucher, da ist es ein Problem, wenn die Türen nicht funktionieren.“

Für Kinder und ältere Leute ist es besonders schwer

Die Besucher seien verärgert und schimpften, wenn sie ums Haus rumlaufen müssten, wenn einer der vier Eingänge mal wieder nicht funktioniere. „Bei manuellem Betrieb bekommt man die schweren, drei Meter hohen Glastüren zudem kaum auf, bei Wind schon gar nicht.“

„Besonders Kinder und ältere Leute tun sich da schwer“, betont Klenk. Doch guter Rat ist teuer. „Wir überlegen jetzt, ob man das Antriebssystem nachbessert oder gegebenenfalls austauscht“, sagt der Hochbauamtschef. Ähnliche Probleme mit Türen in anderen öffentlichen Gebäuden sind ihm bisher nicht untergekommen, was die Schadenbehebung nicht gerade erleichtert. Er denkt deshalb schon weiter: „Wenn es keine andere Lösung gibt, muss man darüber nachdenken, ob man andere Türen einbaut oder einen behindertengerechten Eingang macht und die anderen drei auf manuellen Betrieb umstellt.“ Doch das, siehe oben, wäre auch keine ideale Lösung. Noch hoffen alle Beteiligten, dass der Kampf gegen Windböen nicht zu einem Kampf gegen Windmühlen ausartet.

Da mutet sich das Terrassenproblem vergleichsweise harmlos an – ein Ärgernis ist es aber trotzdem, dass die schöne Aussichtsterrasse bis jetzt nicht genutzt werden kann. Der Grund: der Tüv, so das Hochbauamt, forderte zusätzliche Blitzableiter wegen der exponierten Lage und der vielen Metallgitter. „Das ist inzwischen erledigt“, sagt Klenk. Jetzt fehle nur noch die Freigabe durch das Baurechtsamt. Dort aber betont die Amtschefin Kirsten Rickes die Unschuld ihres Amtes. „Der Tüv hat bisher die Blitzschutzsicherung für die Terrasse noch nicht frei gegeben, weil der schriftliche Nachweis der Erdung noch fehlt.“ Sobald der Tüv sein Okay gebe, könne sie es auch. Schließlich liegt die Bauabnahme schon gut einen Monat zurück.

Zumindest die inhaltliche Bilanz spricht für sich

„Die Besucher fragen uns ständig, wann sie endlich auf die Terrasse dürfen“, sagt Bibliothekschefin Ingrid Bussmann. Ihr schwebt eine „möblierte Leseterrasse“ vor. Die allgemeinen Auflagen hat sie bereits vorliegen: maximal 200 Leute, keine Veranstaltungen, keine Bewirtung und räumen bei Gewitter.

Kraft zur technischen Problembewältigung kann Ingrid Bussmann einstweilen aus der inhaltlichen Bilanz schöpfen: Ausleihe und Besucherzahl sind im Vorjahresvergleich um 20 Prozent gestiegen, die Neuanmeldungen gar um 40 Prozent.