Dass dieser Ort, an dem außer „Jud Süß“ seit 1597 noch mindestens sechs weitere „Goldmacher“ aufgehängt wurden, den Stuttgartern nahezu unbekannt ist, gehört zu den Peinlichkeiten dieser Stadt. Auch in der Heißmangelstube der Waschküche, diesem halbintimen Ort, wurde über alles Mögliche geredet, über Sissi-Filme, Familie, Dauerwellen und Gastarbeiter, nie aber über so was. Das war einfach vergessen. Man kannte den Galgenbuckel, nicht jedoch die mit seinem Zielort verbundenen Ereignisse.

 

Wo einst der Galgen stand

Noch heute hängt in der Heißmangelstube die originale Waschküchenordnung aus dem Jahre 1956 an der Wand. Der Ort wirkt auch sonst so, als hätte sich hier seit über einem halben Jahrhundert nichts mehr verändert. Es wird, wenn auch spärlicher, immer noch darin gewaschen, heißgemangelt und über dieses und jenes gesprochen. Dieser Ort eignete sich wie kein anderer dazu, den gerissenen Faden wieder aufzunehmen; ihn mit einer Geschichte zu versorgen, die trotz ihrer Unappetitlichkeiten identitätsstiftend für den ganzen Stadtteil wirken könnte. Kurz: man sollte genau diese Waschküche, ohne ihren Betrieb zu stören, in einen Gedenkort verwandeln; in kleinen Schritten und außerhalb der üblichen Gedenkroutine.

Wenn Wolfgang Frey, der kürzlich verstorbene Erbauer der gigantischen und hypergenauen Modelleisenbahnanlage, in der das Stuttgart des Jahres 1999 im Maßstab 1:160 festgehalten wird, in einem auf Youtube unter „Stuttgarts Bahnschätze“ zugänglichen Filminterview sich genau dort hinstellte, wo vormals der Galgen stand, also hinter die Hochhäuser, so mag dies ein bloßer Zufall sein. Denn die Anlage hat dort ein zur technischen Versorgung bestimmtes Loch. Möglich wäre aber auch, dass dieses Loch das geheime Zentrum dieser durch und durch wirklichkeitshaltigen Anlage bildet.