Das Leben auf Neustart: Der Stadtjugendreferent Artur Riedinger hat seine Stelle in Waldenbuch gekündigt. Er plant mit seiner Frau eine einjährige Wanderung mit zwei Packpferden.

Waldenbuch - Sieben Jahre lang hat Artur Riedinger als Stadtjugendreferent den Waldenbucher Nachwuchs auf dem Weg ins Leben begleitet. Nun sucht er nach neuen Wegen für sein eigenes Leben. Seine Stelle hat er deshalb gekündigt. Am 31. März hat der 34-Jährige seinen letzten Arbeitstag. Dann klinkt er sich ein Jahr lang aus. Die kommenden Monate dienen der Neuorientierung. „Meine Frau und ich werden zu Fuß mit zwei Packpferden durch Frankreich in die Pyrenäen laufen“, erzählt er.

 

Das Paar sucht gemeinsam nach Antworten auf ganz persönliche Fragen, die sie im Alltag nicht finden. „Mit meiner Tätigkeit in Waldenbuch hat die Entscheidung nichts zu tun“, versichert Artur Riedinger. Die Arbeit habe ihm Spaß gemacht. „Ich gehe mit einem guten Gefühl“, sagt er. Bei Stadtverwaltung und Gemeinderat habe er stets die nötige Rückendeckung gefunden. Seine berufliche Bilanz fällt positiv aus: „Alles, was uns wichtig war, wurde komplett umgesetzt.“

In der Rolle des Netzwerkers

Für den Diplom-Pädagogen war es die erste Stelle, als er 2010 das Waldenbucher Jugendreferat übernahm. Und es war eine Stelle mit viel Gestaltungsspielraum. „Es gab einen Neustart auf der ganzen Ebene“, berichtet Artur Riedinger. Damals übernahm die Hildrizhausener Jugendhilfeeinrichtung Waldhaus die Trägerschaft der Jugendarbeit in der Schönbuchstadt und damit auch die Verantwortung für das Personal. In dieser Kombination sieht Riedinger den Schlüssel zum Erfolg. „Wenn ich Fragen hatte, konnte ich auf die Erfahrung der Kollegen zurückgreifen. Das war in den ersten Jahren ganz wichtig“, sagt er.

In der Rolle des Netzwerkers hatte Artur Riedinger bald seinen Platz gefunden. Gemeinsam mit Jugendlichen und ehrenamtlichen Senioren stemmte er 2011 die Renovierung des Jugendhauses. „Das war das erste große Projekt und hat viele gute Kontakte in die Stadt hinein ermöglicht“, erinnert er sich.

Die Aufgaben der Schulsozialarbeit und die Koordination des Ganztagsangebots übernahmen die drei Kolleginnen. Artur Riedinger widmete sich vor allem der offenen Jugendarbeit. „Mein Ziel war es, Ansprechpartner für alle Jugendlichen zu sein und ihre Bedürfnisse wahrzunehmen“, bekräftigt er.

Mal gelang das gut, mal ging es daneben. Als besonders positiv bewertet der 34-Jährige die 2014 ins Leben gerufene Mini-Projektförderung. Jugendliche können seitdem selbst Ideen entwickeln und diese mit finanzieller Unterstützung der Stadt und personeller Hilfe aus dem Jugendreferat umsetzen. Der Dirt-Park, die mobile Skateranlage, das Wartehäuschen an der Bushaltestelle Gänswiese und die Sanierung des Schulteichs sind nur einige der Projekte, die vom Waldenbucher Nachwuchs selbst initiiert und umgesetzt wurden.

Die Wohnung wird aufgelöst, Wichtiges eingelagert

Weniger Erfolg hatte die Idee, in offenen Jugendforen miteinander ins Gespräch zu kommen. „Das lief nur, wenn wir dabei eng mit der Schule zusammengearbeitet haben“, erzählt Artur Riedinger. Das Angebot wurde wieder eingestellt. Der Pädagoge sieht das gelassen. „Jugendarbeit ist ein Prozess. Es geht darum, eng an den Bedürfnissen der jungen Menschen dran zu bleiben, zu sehen, welche Cliquen es gibt und wie sich ihre Lebenswirklichkeit verändert“, sagt er.

Auch für seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin – der Bewerbungsprozess läuft noch – sieht er deshalb nach wie vor ein breites Betätigungsfeld. „Problemschwerpunkte wie etwa die Klagen über zu viel Lärm am Roten Platz oder gesellschaftliche Veränderungen, auf die man reagieren muss, wird es immer geben. Unsere Arbeit ist eine Dauerbaustelle“, sagt Artur Riedinger.

Der 34-Jährige selbst macht erst einmal Pause. Das Private geht nun vor. Den Abschied vom Leben, wie es bisher war, vollzieht das Paar ganz konsequent. „Wir lösen gerade unsere Wohnung auf. Was wir nicht mehr brauchen, wird verschenkt oder entsorgt. Einige wichtige Dinge werden eingelagert“, berichtet Riedinger. Er weiß: Ob der einjährige Fußmarsch die erhofften Antworten für den nächsten Lebensabschnitt bringt, ist ungewiss. Doch die Freude überwiegt, sagt er. „Wenn man sich nicht bewegt, bewegt sich nichts.“