Eigentlich wollte er mal Lehrer werden, doch dann kam alles anders. Mehr als 25 Jahre lang war Rainer Mayerhoffer Geschäftsführer des Stadtjugendrings. Nun geht er in den Ruhestand. Sein Appell angesichts von zunehmendem Populismus: interkultureller Jugendaustausch müsse eher noch vertieft werden.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Als Rainer Mayerhoffer am 2. April 1991 zum Stadtjugendring Stuttgart (SJR) kam, wurden die Geschäftsberichte noch mit der Schreibmaschine getippt und in schwarz-weiß auf Umweltpapier gedruckt. Heute lädt man sich den Geschäftsbericht im Internet als PDF herunter. Vieles hat sich in den 25 Jahren geändert, in denen Rainer Mayerhoffer Geschäftsführer beim SJR war. Doch es gibt Konstanten: „Stadtjugendring besorgt über Fremdenfeindlichkeit“ lautet zum Beispiel die Überschrift über eine Meldung aus der Stuttgarter Zeitung vom November 1991, die im damaligen Geschäftsbericht abgedruckt war. Auch der Bericht selbst könnte heute fast wortgleich erscheinen.

 

Der Einsatz gegen Rechtsextremismus, das sei „ein Thema, das sich durchzieht“, sagt Mayerhoffer rückblickend. Und angesichts von wachsender Fremdenfeindlichkeit nicht nur in Deutschland ist er sich sicher, dass dieses Thema seinen Nachfolger, Alexander Schell, in Zukunft besonders umtreiben wird. Wie positioniert man sich angesichts von zunehmendem Populismus? Wie verhält man sich zur AfD? Zu dieser Stuttgarter Fraktion besteht kein Kontakt, so hatte es der Vorstand auch beschlossen. „Das muss man sicher immer wieder diskutieren“, sagt Mayerhoffer.

Entscheidung gegen die Schule nie bereut

Eigentlich wollte Mayerhoffer nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann Lehrer werden. Doch nach dem Studium und dem Referendariat waren die Aussichten für angehende Grund- und Hauptschullehrer schlecht. Mayerhoffer landete auf der Warteliste und übernahm stattdessen die Leitung des Jugendhauses in Leinfelden-Echterdingen. Ein halbes Jahr später kam das Angebot, an eine Stuttgarter Grundschule zu gehen. Mayerhoffer schlug es aus. „Ich habe die Entscheidung nicht bereut“, sagt der heute 62-Jährige.

Zu den Höhepunkten der vergangenen Jahre zählen für ihn die mittlerweile 13 Jugendforen, über die Jugendliche ihre Ideen einbringen können, Paten unterstützen die Umsetzung. Eines der Ergebnisse: die 100 Meter lange Wasserrutsche im Vaihinger Freibad. Man müsse den Jugendlichen zeigen, dass sie sich einbringen können – und dass das etwas bringt, so Mayerhoffer. Beteiligung ist für ihn auch ein Rezept gegen Politikverdrossenheit. Auf keinen Fall sollte man beim interkulturellen Austausch nachlassen, ist er überzeugt. Dieser hat ihm immer sehr am Herzen gelegen, genauso wie das Thema Integration.

Als Mayerhoffer seinen Posten antrat, durften die ausländischen Jugendorganisationen noch nicht Mitglied sein im Stadtjugendring. Dass er die Öffnung erreicht hat, sei „ein Punkt, auf den ich besonders stolz bin“, sagt er. Heute gehören kroatische, serbische, türkische, russlanddeutsche Jugendorganisationen ganz selbstverständlich dazu. Angesichts zunehmender Konflikte in den Heimatländern, hofft Mayerhoffer, dass diese nicht das interne Verhältnis belasten. Auch hier sieht er seinen Nachfolger noch gefordert.

Mit der Harley durch Spanien

55 Mitgliedsorganisationen gehören heute zum Stadtjugendring, vor 25 Jahren waren es nicht einmal halb so viele. Aufnahmebedingung damals wie heute: die Jugendorganisationen müssen demokratisch verfasst sein – also gewählte Vertreter haben. Einmal hatte das bei einer deutschen Organisation, der Pfadfindergruppe Royal Rangers, nicht zugetroffen. Der Stadtjugendring lehnte die Mitgliedschaft ab, ein bis heute einzigartiger Vorgang. Die Gruppe gehört übrigens ausgerechnet zum neuen Vermieter des SJR (das Gospel Forum).

Für Aufsehen hat in Mayerhoffers Amtszeit zudem ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gesorgt: Der Stadtjugendring hatte 2001 dagegen geklagt, dass der Stuttgarter Jugendhausverein als freier Träger im Jugendhilfeausschuss sitzt, da es sich aus Sicht des SJR nicht um einen freien Träger handelte, weil sich der Vereinsvorstand aus Stadträten und dem damaligen Jugendamtsleiter zusammensetzte. Zu klagen war sicherlich mutig, brachte aber nichts. Aus formalen Gründen, wie Mayerhoffer betont, wurde die Klage abgewiesen. Er gibt aber zu, sich damals „blaue Augen“ geholt zu haben. Denn bei den Fraktionen hatte Unverständnis über das Vorgehen des SJR geherrscht.

Inzwischen ist auch das schon wieder 15 Jahre her. Am 12. Dezember wird Mayerhoffer im Kursaal offiziell verabschiedet. Und danach? Ist endlich Zeit für sein Enkelkind – und für die Harley, die er seit dem Sommer besitzt. Im Januar geht es mit dem VW-Bus nach Spanien, die Harley kommt im Anhänger mit. Nach einer Auszeit will er sich wieder gesellschaftlich einbringen – dann aber ehrenamtlich.