Bürger bereichern den Fundus des Echterdinger Stadtmuseums mit Gegenständen und Geschichten.

Echterdingen - Mehr als 1600 Besucher wollten bisher die aktuelle Schau im Echterdinger Stadtmuseum sehen. Darunter viele Schulklassen, aber auch die Altersabteilung der örtlichen Feuerwehr. Schwarzweiß-Aufnahmen und Leihgaben aus der Bevölkerung werfen ein Schlaglicht auf das Leben von Kindern in den 1950er Jahren. Sie erzählen von der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, die von Unterernährung, Wohnungsmangel aber auch einem Erfindungsreichtum geprägt waren, der nötig war, um das Überleben zu sichern.

 

Mädchen und Jungen mussten ein zerstörtes Zuhause, Trennung, Flucht oder Vertreibung aushalten. Sie hatten Hunger und mussten im Winter in Mantel und mit Handschuhen in der Schule sitzen, weil die Klassenzimmer nicht beheizt waren.

Kindheit in den Nachkriegszeit: Das Thema zieht. Wolfgang Haug, ehrenamtlicher Museumsleiter, berichtet von Menschentrauben, die schon vor dem Museum gewartet haben, bis es aufgeschlossen wurde. Was ihn dazu verleitet hat, spontan eine kostenlose Führung durch die Schau anzubieten.

Mit lokaler Geschichte punkten

Der Echterdinger will mit lokaler Geschichte punkten. Er erzählt gerne auch aus seiner eigenen Kindheit, beispielsweise wie seine Mutter Hühner im Garten gehalten hat, um ihren Kindern auch mal ein frisches Ei anbieten zu können. Die Tiere bekamen aber die Hühnerpest und mussten verbrannt werden. „Diesen Geruch werde ich nie vergessen“, sagt er.

Haug bringt seine Zuhörer – trotz des traurigen Themas – auch zum Lachen. Sein Publikum versorgt ihn ebenfalls mit interessanten Geschichten. „Es ist ein Geben und ein Nehmen“, sagt der Museumsleiter. So wurde ihm beispielsweise von einem einst selbstbewussten Bauern erzählt, der nach dem Krieg hundert Mal am Tag ein paar wenige Sätze wiederholt hat, um den Tod seiner Frau und seines Sohnes sowie den Verlust seines Heimes irgendwie zu verkraften: „Nemme schee, nemme schee! S’ Weib g ’storbe, dr Bua gfalla, s’Haus aa’ brennt, s’ Geld verreckt! Nemme schee!“

Echterdinger Bürger bringen Haug auch Gegenstände vorbei. Alte Fotos, handgemalte Bilder oder auch ein Mehlsieb, mit dem Schädlinge aus dem Nahrungsmittel entfernt wurden. Im Museum gibt es mittlerweile auch Kannen, mit denen Kinder Milch von der Milchsammelstelle geholt haben, sowie eine Sirene, die zwei Echterdinger Jugendlichen einst von einem liegen gebliebenen Panzer abmontiert haben.

Ein Volksempfänger aus dem Jahre 1938

Besonders glücklich aber macht Haug, dass er seit einer knappen Woche im Besitz eines originalen Volksempfängers aus dem Jahre 1938 – samt der dazu gehörigen Geschichte – ist. „Das ist etwas Rares“, sagt er. So hat sich ein Echterdinger Handwerker nach dem Einmarsch der Franzosen am 21. April 1945 offenbar der Anordnung der Besatzungsmacht entzogen, sämtliche Fotoapparate und auch Radios im Rathaus abzuliefern. Wo genau der Mann das Gerät genau versteckt hat, ist offen. Haug weiß jedoch, dass landwirtschaftliche Gebäude, insbesondere der Heuboden, damals beliebte Verstecke waren.