Bis zum Schluss war er auf Konfrontationskurs, jetzt freut sich Heinz Sonntag alias „Mister Neckarpark“ auf den Ruhestand. Zu seinem Schaffen zählen auch das Daimler-Motorenwerk in Bad Cannstatt und der Pragsatteltunnel.

Stuttgart - Die Fraktionen haben am Mittwoch kurzfristig das Vorhaben von Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) gestoppt, noch ein Grundstück im Cannstatter Neckarpark zu verkaufen. Schulbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) hatte es fälschlicherweise für entbehrlich gehalten. Die Sitzung war nicht öffentlich. Doch wie zu erfahren war, hatte sich „Mister Neckarpark“, der Leiter der Abteilung Neckar im Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, Heinz Sonntag, der die Erfolgsgeschichte des ehemaligen Güterbahnhofs geschrieben hat, quer gestellt. Er hat sich damit bei der Rathausspitze wieder einmal unbeliebt gemacht. Oder besser: ein letztes Mal.

 

Am Donnerstag ging der für seinen aufrechten Gang im Rathaus geachtete Regierungsbaumeister und Baudirektor in den Ruhestand. Auf die Nachfolgerin wartet ein mit stadtmuseumsreifen Möbeln bestücktes Büro. Der durchgescheuerte Filzboden ist nur vor dem Schreibtisch erneuert worden – ein Hinweis für die Neue auf die Wertschätzung, die OB Kuhns Verwaltung ihrem Personal entgegenbringt.

Vom Motorenwerk bis zum Römerkastell

Viele bedeutende Projekte pflasterten den Weg des Leiters der wichtigsten Planungsabteilung: Dazu zählen das Daimler-Motorenwerk, Zuckerfabrik, Cannstatter Carrée, Burgholzhof, der Pragsattel- und der Rosensteinstunnel, Hafen, Krankenhaus Bad Cannstatt, das Römerkastell. Das lässt der fitte 65-Jährige nun komplett hinter sich. Anders als Ex-Kollegen, die glauben, weiter in der Politik mitmischen zu müssen, will Sonntag seinen Horizont weiten: „Meine Zukunft liegt im Ehrenamt“, sagt der Vater zweier erwachsener Söhne. Für den „Senior Expert Service“ reise er in Entwicklungsgebiete, wo sein Know-how in Stadtplanung gefragt sei. Außerdem wolle er Jugendlichen beistehen, damit sie ihre Ausbildung zu Ende bringen.

Auslandseinsätze sind dem gebürtigen Westfalen nicht fremd, Ex-OB Wolfgang Schuster hatte ihn zum Wiederaufbau nach Kroatien und Montenegro entsandt. Sonntag ist im Privatleben Kapitän, auf gecharterten Schiffen hört alles auf sein Kommando. In der Neckar-Abteilung herrscht erst einmal „Land unter“. Zwei Mitarbeiter sind seit kurzem weg, Sonntags Stellvertreter geht im nächsten Jahr. Sein Weggang schwächt das starke Dutzend, das für Planungen von Hedelfingen bis Mühlhausen zuständig ist. Keiner war so gut vernetzt wie Sonntag, der einen guten Kontakt zu Bezirksbeiräten und Stadträten pflegte. Er wusste, mit Argumenten und Sachkunde zu überzeugen. Besonders stolz ist er, dass ihm dies sogar bei einem harten Brocken wie CDU-Stadtrat Philipp Hill gelungen sei. Seine Nachfolgerin wird es schwer haben.

„Stadtplaner brauchen Masse“

Heinz Sonntag hat eine Rundumausbildung genossen. Er ist gelernter Garten- und Landschaftsbauer, machte auf dem zweiten Bildungsweg an der Uni Siegen sein Diplom als Stadtplaner (FH), und ergänzte es dann mit dem Diplom an der Uni Stuttgart. Im Innenministerium legte er die zweite Staatsprüfung ab. Er wusste, wie die oberen Behörden ticken und wie die freie Wirtschaft, denn er arbeitete auch freiberuflich in Leonberg und Fellbach, bevor er 1992 in die Abteilung Neckar des Stadtplanungsamts eintrat. Nach dem Tod seines Vorgesetzten musste er ans Ruder. Weiter nach oben ging es nicht mehr, Angebote für Baubürgermeisterposten in anderen Städten lehnte er ab. Ein Grund für die Karrierebremse im Rathaus könnte gewesen sein, dass seine Vorstellungen an übergeordneter Stelle nicht auf uneingeschränkte Begeisterung stießen. „Stadtplaner brauchen Masse“, sagt Sonntag. Grundstücksverkäufe hat er immer kritisiert und stattdessen eine Bodenvorratspolitik gefordert, wie sie SPD und SÖS/Linke-plus wollen. Er sagt, ohne den Neckarpark und das Rosensteinviertel, also eher zufällige Projekte, habe Stuttgart in den vergangenen 20 Jahren nicht eine nennenswerte Fläche für Wohnungsbau ausgewiesen. Er wünscht sich mehr Engagement in der Innenentwicklung. Das heiß diskutierte Gebiet Schafhaus in Mühlhausen würde er um die Friedhofsvorhaltefläche erweitern und viel dichter bebauen. Es müsse sich auch endlich einer um den Erwerb der seit Jahren brach liegenden Cannstatter Bettfedernfabrik bemühen. Zum guten Schluss gibt es noch einen Gratis-Tipp für die Wirtschaftsförderin: In Wangen harre das Autohof-Areal einer höherwertigen Nutzung.