Stuttgart hat sich zu einem beliebten Drehort für Filmemacher entwickelt. Rund 400 Anfragen gehen im Jahr bei der Film Commission der Region ein. Ein Besuch an gefragten Ecken der Stadt.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Für einen Krimi ist es eine typische Szenerie: Die Leiche, ein Rettungssanitäter mit aufgeschlagenem Kopf, liegt zwischen Grabsteinen hinter einem Absperrband, daneben steht die Kommissarin, im Gespräch mit einer knienden Mitarbeiterin der Spurensicherung, dahinter ein Sarg und weitere Leute der Spurensicherung in ihrer weißen Kluft.

 

„Ich mach’ die Leiche“, sagt eine Frau grinsend und begibt sich zu einem umgekippten Grabstein auf dem Hoppenlau-Friedhof. Dort nämlich wurde die Szene für die ZDF-Serie Soko Stuttgart gedreht, die Fotoaufnahme davon wird als Anschauungsmaterial in der Runde verteilt. In der Reihe „Mein Stuttgart“ von Stiftung Geißstraße und Stuttgarter Zeitung steht an diesem Samstag das Thema „Filmstadt Stuttgart – Spaziergang zu Drehorten“ auf dem Programm. Ulla Matzen, Projektleiterin bei der Film Commission der Region Stuttgart, will von den Anwesenden wissen, wie viel Personal für so einen kleinen Dreh wohl nötig seien. Die Liste ist lang: Requisite, Aufnahmeleiter, ein Toningenieur mit Assistent, Catering und und und. „Wir sind die Leuchten“, sagen vier Frauen und Männer lachend, als Ulla Matzen erzählt, dass am Set vier Beleuchter im Einsatz gewesen seien. „So wie wir dastehen, hätten wir alle einen Job“, sagt Matzen. 45 bis 50 Mitarbeiter seien für die Aufnahme einer so kurzen Szene allemal im Einsatz.

Der Hoppenlau-Friedhof ist beliebt

Vom Hoppenlau-Friedhof hinter dem Bosch-Areal, wo die zur Wirtschaftsförderung der Region gehörende Film Commission ihren Sitz hat, geht es zur Liederhalle. Eine der Aufgaben der „Servicestelle für alle Belange der Filmproduktion“ in Stadt und Region, wie der Leiter der Film Commission, Jens Gutfleisch, erklärt, ist eben die Vermittlung von attraktiven und charakteristischen Drehorten in Stuttgart. „Der Zuschauer soll wissen, wo er ist, und dazu braucht es prägnante Orte.“

Wie den Bereich um die Liederhalle. Hier wurde etwa gedreht für den mehrfach prämierten Kinofilm „Die Blumen von gestern“, einer Tragikomödie von Chris Kraus mit Lars Eidinger, Adèle Haenel, Jan Josef Liefers und Hannah Herzsprung. Aufnahmen vom Dach des direkt nebenan gelegenen Max-Kade-Hochauses sind in „Ein Praktikant fürs Leben“ zu sehen.

Bei visuellen Effekten an der Spitze

Stuttgart und die Region sind als Filmkulisse gefragt. Die Region könne sich durchaus als „Filmregion positionieren“ angesichts vieler im Filmgeschäft tätiger Unternehmen und etlicher hier ansässiger Produktionsfirmen, so Gutfleisch. „Im Bereich visuelle Effekte gehören wir zu den Global Player.“

Rund 700 „besondere Locations“ hat die Film Commission in ihrer Datenbank, darunter etliche, die „eine ganz besondere emotionale Kraft entwickeln“, wie Michael Kienzle, der geschäftsführende Vorstand der Stiftung Geißstraße, es formulierte. Etwa 400 Anfragen gehen bei der Film Commission im Jahr ein. Und das seien nur die größeren Drehs, sagt Jens Gutfleisch.

Großer Aufwand

Hier fungiert die Institution oft als Türöffner für die Produktionsfirmen. Die Stadtspaziergänger stehen jetzt auf der anderen Straßenseite des Katharinenhospitals (KH). Jens Gutfleisch erzählt, dass für den SWR-Tatort „Der rote Schatten“ vom vorigen Samstag mit den Ermittlern Lannert und Bootz (Richy Müller und Felix Klare) auch „in der Pathologie des KH gedreht wurde“. Doch nicht immer lassen sich die zwar zeitlich begrenzten, aber aufwendigen Dreharbeiten solcher Filmprojekte in den Alltag der Einrichtungen einpassen. So wurde das Foto der Arche der Hoffnung aus dem Olgäle, das die Teilnehmer des Spaziergangs in Händen halten, nicht im echten Olgäle aufgenommen. Das große, für das Kinderhospital charakteristische Spielgerät wurde für die ZDF-Serie „Dr. Klein“ (mit Christine Urspruch als kleinwüchsige Oberärztin) in einem Studio an der Türlenstraße nachgebaut.

Wie aufwendig solche Filmproduktionen sind, machte Ulla Matzen zwischen den Unihochhäusern in der City deutlich („der 70er-Jahre-Charme ist für die Wahl Stuttgarts oft ausschlaggebend“). Für alles und jedes muss eine Genehmigung eingeholt und vorort „ein Riesentross organisiert werden“. Da muss schonmal eine Straße gesperrt werden und Parkplätze für ein Dutzend Fahrzeuge, darunter Lastwagen und Transporter. Ulla Matzen: „Das ist hier eine große Herausforderung.“