Bürgermeister Werner Wölfle hat sich bei einem Spaziergang über den Stadtbezirk informiert. Der Rundgang durch den Süden führte vom Bihlplatz durch Heslach bis zum Marienplatz und endete in der Tübinger Straße.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Wenn der Schwabe sagt „Ned schlecht“, ist dies quasi ein höchstes Lob. Wenn Bürgermeister Werner Wölfle also sagt „der Stuttgarter Süden ist gar nicht mehr so schlecht“, bescheinigt dies dem Stadtbezirk gar paradiesische Zustände. Für manche Wohngegenden der Halbhöhenlage mag dies zutreffen. Da der Verwaltungsbürgermeister aber die Stadtbezirke alle zwei Jahre besucht, um sich zu informieren, wo noch Luft nach oben ist, begann der Rundgang mit Bezirksbeirat und Bürgern in Heslach am Bihlplatz.

 

Auf dessen Umgestaltung wartet das lokalpolitische Gremium schon eine ganze Weile. Aber auch was lange währt, kommt manchmal irgendwann doch noch. Die ersten Schritte sind inzwischen getan. Das alte Trafo-Häuschen ist entfernt, wie Wölfle bemerkte: „Wenn man lange genug dabei ist, verändert sich doch etwas.“ Aber in Stuttgart sei der Fortschritt eine Schnecke.

Der Ochsen ist in Kürze wieder belebt

Ganz so langsam geht es am Bihlplatz nun doch nicht voran, wie Rolf Soller aus dem Stuttgarter Westen berichten konnte. Der private Investor hat das Gebäude gekauft, in dem früher der Gasthof Ochsen untergebracht war, und saniert es seit etwas mehr als einem Jahr. Am kommenden Samstag ziehen die ersten Mieter ein. Im Herbst soll voraussichtlich der gastronomische Betrieb folgen. „Zwei junge Leute“ wollen dort sowohl in der Gaststätte als auch im angrenzenden Café eine „mediterrane Küche anbieten“, sagte Soller. Für dem Umbau fand Wölfle nur lobende Worte: „Da sind Sie mit viel Liebe ans Detail herangegangen.“ Auch der Bezirksvorsteher Raiko Grieb ist „froh, dass das Gebäude nun so steht, wie es steht.“ Als die Firma Dinkelacker den Betreibern der Gaststätte Ochsen im Jahr 2013 gekündigt hatte und die Erbengemeinschaft den Verkauf des Gebäudes ankündigte, befürchteten zahlreiche Nachbarn den Abriss des stadtbildprägenden Gebäudes.

In anderen Teilen von Heslach wiederum geht der Fortschritt eher im Schneckentempo voran. So ist das Gebiet zwischen Karl-Kloß-, Böheim- und Kelterstraße „etwas aus dem Blick geraten“, wie Raiko Grieb dem Verwaltungsbürgermeister mitteilte. Allerdings soll auch dort bald etwas geschehen. Der Bezirksbeirat hat den heruntergekommenen Spielplatz an der Kelterstraße auf die Liste der neuen Step-Projekte gesetzt. Bisher sei dieser„ein großes Katzenklo“, sagte der Bezirksvorsteher. Wölfle war etwas überrascht, dass es „so etwas noch gibt in Stuttgart“.

Aufwertung statt Gentrifizierung

Etwas abgehängt vom restlichen Stadtbezirk ist auch der Abschnitt der Böblinger Straße zwischen Erwin-Schoettle- und Bihlplatz. Von einem „Trading-Down-Effekt im Heslacher Kessel“ sprach der Bezirksvorsteher Grieb. Hofbräu plant nun die Veräußerung seines Grundstücks dort, es soll ein Wohnpark entstehen. Das dort etwas passieren muss, darüber ist sich auch der Bezirksbeirat Süd einig. Was genau allerdings, darüber gehen die Meinung bisher auseinander. Wölfles Meinung dazu: „Man kann das Downgrading eines Bezirks nicht bejammern und bei einer Aufwertung gleich die Gentrifizierung beklagen.“

Die vorletzte Station des Rundgangs zeichnet sich ebenfalls nicht durch paradiesische Zustände aus. Dennoch, die Flüchtlingsunterkunft an der Böblinger Straße hat seit Kurzem ein kostenloses Wlan-Netz und einen überaus engagierten Freundeskreis. Wölfle lobte dort besonders den freiwilligen Einsatz einiger Nachbarn.

Und nachdem man sich recht schnell darüber einig war, dass die Verkehrssituation rund um den Marienplatz besser werden und die Fahrradstraße in der Tübinger Straße nun endlich kommen sollte, musste Wölfle weiter zum nächsten Termin. Nicht aber ohne eine alte Lebensweisheit der Landeshauptstadt zu hinterlassen: „Vor lauter Pläneschmieden passiert in Stuttgart oft gar nichts.“ Oder halt nur im Schneckentempo.