Der Stadtteilchor Nord probt für die Aufführung von Duke Ellingtons Sacred Concert. Am 1. Juni wird das Konzert in der Erlöserkirche stattfinden.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - Josef Wiest hat sie alle unter Kontrolle, die Soprane, Altstimmen, Tenöre, Bässe. Sie stehen auf, wenn er sie darum bittet, sie hüpfen auf und ab und schneiden Grimassen, um sich aufzuwärmen, sie schnipsen im Takt, singen Tonleitern, und schließlich singen sie „Freedom, Freedom“, Zeilen aus dem Sacred Concert des Jazzmusikers und Komponisten Duke Ellington.

 

Das ist das Werk, das der Stadtteilchor Nord momentan einstudiert, am 1. Juni steht in der Erlöserkirche die große Aufführung an. „Es ist Swingjazz, das hat einen völlig anderen Takt als klassische Stücke“, sagt Chorleiter Josef Wiest. „Es ist eine reizvolle und spannende Aufgabe.“ Bei diesen insgesamt drei Sacred Concerts „hat man Ellington den Vorwurf gemacht, er bringe die Bar in die Kirche.“ Dabei sei das Werk explizit für die Aufführung in Kirchen geschrieben worden: „Ellington war durchaus ein religiöser Mensch und verbindet hier Leichtigkeit mit Substanz“, meint Wiest. „Für uns ist es eine Herausforderung, wir wollen uns ja auch weiterentwickeln“, sagt Klaus Marx. Darum habe der Initiativkreis sich für die Aufführung eben dieses Stückes entschieden.

Von Schülern bis zu Rentner singen alle mit

Marx singt im Chor und ist zudem Mitglied im Initiativkreis, aus dessen Mitte 2005 der Stadtteilchor entstanden ist. „Man spürt, dass wir kein Gesangsverein sind, kein Profichor“, sagt er. „Musik und Kultur entwickelt sich nicht von selbst, und hier kommen Leute zusammen, haben Freude am gemeinsamen Singen und kreieren damit ein Stückchen Kultur.“ Josef Wiest ergänzt: „Wir wollten keinen Verein gründen, als Organisationshintergrund haben wir den Initiativkreis und die evangelische Nordgemeinde. Wenn der Chor nicht weitermachen möchte, dann ist das so.“

Davon ist aber aktuell keine Spur zu sehen: Rund 70 Chormitglieder haben sich zusammengefunden. „Es sind Menschen aus allen Altersgruppen und aus allen sozialen Schichten dabei“, sagt Josef Wiest. „von Schülern bis zu 80-Jährigen.“ Unterstützt werden sie bei der Aufführung von professionellen Musikern der Musikhochschule, in diesem Fall unter anderen die Sopranistin Ines Martinez, der Saxofonist Ekkehard Rössle und Uli Gutscher an der Trompete.

Der Chor bezeichnet sich selbst als experimentierend

„Es gibt auch Mitglieder, die manchmal nicht dabei sind, wenn ihnen das Stück nicht so gut gefällt“, weiß Klaus Marx, „aber der harte Kern ist natürlich immer dabei.“ Und der kennt sich untereinander: Bevor die Probe beginnt, sitzen die Chorsänger in Grüppchen zusammen, begrüßen sich und halten ein Schwätzchen.

„Wir sind ein experimentierender Chor“, meint Ulrich Hangleiter, der ebenfalls im Chor und im Initiativkreis aktiv ist. „Natürlich kommt oft von den Chormitgliedern der Wunsch, klassische Sachen zu singen, dem tragen wir ja auch Rechnung. Aber etwas Neues ist immer wieder sehr spannend.“ Nach Duke Ellington im Juni steht darum als zweites Werk für das Jahr 2014 im Herbst die Aufführung von Anton Bruckners Messe in e-moll an.