Das Stuttgarter Arbeitsgericht hat den für Mittwoch angekündigten Warnstreik bei der Stuttgarter Stadtverwaltung unterbunden. Der Streikaufruf der Gewerkschaft verstoße gegen die Friedenspflicht, erklärte der Richter.

Stuttgart - D as Stuttgarter Arbeitsgericht hat den von der Gewerkschaft Verdi für Mittwoch angekündigten Warnstreik für unzulässig erklärt und untersagt. Die Gewerkschaft muss ihren Aufruf zu dem geplanten Arbeitskampf unverzüglich widerrufen. „Der Warnstreik ist abgesagt, aber unsere Juristen prüfen noch weitere Schritte“, erklärte Verdi-Kreisgeschäftsführer Cuno Hägele.

 

Mit dem Warnstreik wollte Verdi auf Bezirksebene – wie berichtet – eine sogenannte Mobilitätspauschale in Höhe von 180 Euro brutto für jeden städtischen Mitarbeiter durchsetzen. Zuvor hatte der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) eigenständige Tarifverhandlungen über eine Mobilitätszulage abgelehnt.

Verstoß gegen die Friedenspflicht

Das Gericht folgte mit seinem Urteil der Sichtwiese von Stadt und KAV. Der Streikaufruf der Gewerkschaft verstoße gegen die Friedenspflicht, verkündete der Vorsitzende Richter Lutz Haußel. Zwischen der Gewerkschaft und der Stadt bestünden verschiedene Entgeltverträge. Bei der Durchsetzung einer allgemeinen pauschalen Mobilitätszulage handele es sich nach Auffassung des Gerichts um einen „Vergütungsbestandteil, der in den Entgeltverträgen mit geregelt ist oder der dort hätte mit geregelt werden können“.

Bei der Umstellung der Tarifverträge hätten die Gewerkschaft und öffentliche Arbeitgeber früher geltende Zulageregelungen mit einbezogen, so das Gericht. Deshalb falle auch eine pauschale Zulage, die unabhängig von einer sozialen Komponente gezahlt werden solle, unter diesen Entgeltbegriff. Da Gewerkschaft und öffentliche Arbeitgeber an noch laufende Tarifverträge gebunden seien, bestehe eine Friedenspflicht. Bis zu deren Ende dürfe Verdi zur Durchsetzung seiner Forderung keine Streikmaßnahmen ergreifen.

„Der am heutigen Mittwoch geplante Streik findet nicht statt“, hieß es nach der Urteilsverkündung bei Verdi. „Wir bedauern die Entscheidung und prüfen, ob wir dagegen Rechtsmittel einlegen“, sagte Hägele. Die Forderung nach einer Mobilitätszulage für die städtischen Beschäftigten sei berechtigt. „Juristisch lässt sich die Ursache für den Fachkräftemangel nicht beheben, die Landeshauptstadt bleibt weiterhin zu teuer für viele ihrer Beschäftigten. Heute hat Stuttgart verloren.“

Für die stellvertretende Landesbezirksleiterin Dagmar Schorsch-Brandt „halten sich KAV und Stadt die Augen zu, um die Realität nicht sehen zu müssen, anstatt das drängende Problem mit Verdi zu lösen.“ Im Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats seien sich am Montag Vertreter aller Parteien einig gewesen, dass für die Erfüllung des Rechtsanspruches noch mehr als 1000 Fachkräfte in den Kindertagesstätten fehlten. Jetzt müsse die Stadt den wartenden Eltern erklären, wie sie bis zum Herbst den Fachkräftemangel beheben wolle. „Die Forderung nach einer Mobilitätszulage von 180 Euro bleibt auf der Agenda“, so Schorsch-Brandt. Dafür werde man von März 2014 an umso lauter und stärker kämpfen.

„Das Arbeitsgericht Stuttgart hat mit seiner heutigen Entscheidung das System des Flächentarifvertrages gestärkt“, erklärte hingegen KAV-Hauptgeschäftsführer Joachim Wollensak. Die Kammer habe klargestellt, dass es für einen „Nachschlag“ zur Tarifrunde 2012 keine Rechtsgrundlage gebe. „Das ist auch eine gute Nachricht für die Bürger, denn am Mittwoch können alle Eltern ihre Kinder wie gewohnt in die Obhut der städtischen Kindertagesstätten geben.“

Auch im Rathaus wurde das Urteil begrüßt. „Wir werden uns jetzt mit dem Gesamtpersonalrat zusammensetzen und gemeinsam Angebote erarbeiten, die den Beschäftigten direkt zugutekommen“, erklärte der für das städtische Personal zuständige Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle. Die Stadt verfolge dabei die Strategie, weitere gezielte Maßnahmen zur Personalgewinnung und zum Personalerhalt zu entwickeln. Dies gelte vor allem für Bereiche mit Arbeitskräftemangel. Dabei gehe es auch um ein attraktives Jobticket, das mehr Autopendler zum Nahverkehr bringe, so Wölfle. Über diese Maßnahmen müsse der Gemeinderat bei den anstehenden Haushaltsberatungen im Herbst befinden, erklärte der Bürgermeister.