Die Stadtwerke Fellbach müssen die Preise erhöhen, obwohl der Strom im Einkauf billiger geworden ist. Verantwortlich für die Teuerung sind Steuern, Umlagen und Netzentgelte.

Fellbach - Es geht dem Jahresende entgegen und damit der alljährlichen Preisrunde für Energie. Die könnte eigentlich für die Kunden der Stadtwerke Fellbach (SWF) diesmal günstig ausfallen, schließlich kauft des mehrheitlich im Besitz der Stadt befindliche Versorgungsunternehmen den Strom fürs nächste Jahr billiger ein als in diesem Jahr. Wären da nicht die Umlagen und weitere Kosten.

 

Günstiger Einkauf verpufft beim Endpreis

„Wir wollten die gesunkenen Börsenpreise für Strom und Gas unmittelbar an die Kunden weiterreichen“, sagt Thomas Mahlbacher, der Geschäftsführer der Stadtwerke. Leider mussten die Verantwortlichen der SWF einmal mehr erkennen, dass sich ihre Anstrengungen fast nicht auf die Strom und Gaspreise auswirken. Seit 2013 übersteigen die Steuern und Abgaben die Kosten für Energie und Stromnetze, „die Schere geht immer weiter auseinander“, sagt der Stadtwerke-Chef. „Das ist letztlich eine Folge der Energiewende“, ergänzt der weitere Geschäftsführer Gerhard Ammon, „so einen Transformationsprozess gab es noch nie“. Die Stadtwerke hätten eigens eine Stabsstelle für den möglichst günstigen Strom- und Gaseinkauf geschaffen, „aber für die Kunden verpufft das im Endpreis“, sagt Ammon.

Denn der Anteil der Energiekosten am Endkundenpreis spielt kaum noch eine Rolle. Mahlbacher: „Wesentlich bestimmender sind die Netzentgelte und auch die staatlich bedingten Zuschläge.“ Die EEG-Umlage macht etwa ein Fünftel des Strompreises aus und finanziert den Ausbau der erneuerbaren Energien. Im kommenden Jahr steigt die Umlage von 6,17 auf 6,354 Cent je Kilowattstunde. Dagegen sinkt der reine Energiepreis für Treue-Plus-Kunden der Stadtwerke – also die große Mehrheit – von 6,15 auf 5,478 Cent.

Es wird viel Ökostrom produziert

Während die Umlage immer höher steigt, können die Betreiber von Fotovoltaikanlagen und Windkraftanlagen frohlocken. Durch das gute Wetter und weitere neue Anlagen zur Gewinnung von Energie, vornehmlich aus Wind und Sonne, wurde so viel Ökostrom in Deutschland produziert wie nie zuvor.

Da die Abnahmepreise für diese Energie garantiert sind, werden sie unabhängig davon bezahlt, ob der Strom gebraucht wird oder nicht, sogar ob der Netzbetreiber aus Sicherheitsgründen die Anlagen abschalten musste und der Strom überhaupt nicht erzeugt wurde. All dieses wird vergütet und findet sich in der EEG-Umlage wieder. „Hier macht sich schmerzlich bemerkbar, dass die großen Stromtrassen noch nicht vorhanden sind“, klagt Mahlbacher; sie hätten zumindest geholfen, den Strom sinnvoll zu verwenden.

Die Netzentgelte sind auch ein Kostentreiber

Zweiter großer Kostentreiber der diesjährigen Preisrunde sind die Netzentgelte. Über die Jahre hinweg wurde viel Geld in den Ausbau der Leitungen gesteckt, ob bei den 380 000 Volt Überlandleitungen oder die Verteilnetze in Fellbach. Der für die SWF zuständige vorgelagerte Netzbetreiber hielt dieses Jahr aber „ein besonderes Schmankerl bereit“, so Mahlbacher: Die Nutzung des vorgelagerten Netzes für Strom wird für die SWF um über 800 000 Euro, das sind 25 Prozent, teurer. Beim Gas betrug die Steigerung der Netzentgelte für die SWF 660 000 Euro und damit sogar mehr als 47 Prozent.

Der Netzbetreiber rechtfertigte sich damit, dass zwar einerseits hohe Investitionen in die Netze vorgenommen wurden, dass aber andererseits „fast die Hälfte der aktuellen Kostensteigerungen auf das Konto von Pensionsrückstellungen“ dieses Unternehmens geht, erklärt Mahlbacher, der diese Baden-Württembergische Besonderheit für eine „Unverschämtheit“ hält. Und ein weiterer großer Kostentreiber steht vor der Tür: Die milliardenschweren Beschlüsse der Bundesregierung zu Braunkohle-Kraftwerken als Energiereserve und die Erdverkabelung neuer Stromtrassen würden über die Netzentgelte abgewickelt. Da komme noch was zu auf die Verbraucher.

Strom verteuert sich im kommenden Jahr

Fürs kommende Jahr steht das beim Strom weitgehend fest. Der Endpreis für Privatkunden im Treue-Plus-Vertrag verteuert sich um 0,27 Prozent auf 25,102 Cent je Kilowattstunde. Auch der Grundpreis erhöht sich von 6,55 Euro pro Monat und Zähler auf 8,03 Euro. So verteuern sich bei einem Fellbacher Haushalt mit Treue-Plus-Stromvertrag und einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden die Stromkosten um rund 20 Euro brutto. Kleiner Trost für die Stadtwerke-Führung: Auch andere Strom- und Gasanbieter sind von dieser Kostensteigerung betroffen; das heißt, auch diese müssen die hohen Netzentgelte in ihr Angebot einpreisen.

Verschiedene Anbieter versuchen durch hohe Wechselboni in den Rankinglisten der Internetportale vordere Plätze zu erzielen, klagt Mahlbacher. Sobald das erste Vertragsjahr abgelaufen ist, seien diese Preise im Regelfall deutlich höher als die der kundennahen Stadtwerke. Deshalb rät die Stiftung Warentest auch dringend, bei den Preisvergleichen die Boni bei den Grundeinstellungen herauszunehmen, um die Leistung des Unternehmens tatsächlich und direkt zu vergleichen.