Das Bürgerbegehren ist rechtlich umstritten: Die Stadträte erwägen eine Vertagung der Entscheidung über das Begehren bis zur Sommerpause – statt eines generellen Neins.

Stuttgart - Die Stadträte im Verwaltungsausschuss haben am Mittwoch eine lange und sehr sachliche Debatte über das Bürgerbegehren der „Aktion Stadtwerke Stuttgart“ für eine kommunale Energie- und Wasserversorgung der Stadt geführt. Bis auf die SÖS sind alle Fraktionen der Ansicht, dass das Begehren aus rechtlicher Sicht nicht zulässig, weil zu risikobehaftet ist. Die Entscheidung fällt aber erst an diesem Donnerstag in der Vollversammlung des Gemeinderates. Ob es dort zu einer Ablehnung des Bürgerbegehrens kommen wird, war nach der Sitzung des Verwaltungsausschusses allerdings noch offen. In den Fraktionen wird auch über die Möglichkeit nachgedacht, die Entscheidung bis zur Sommerpause zu vertagen.

 

Jurist fürchtet Steilvorlage für Einsprüche

Alle Sprecher machten bei der Debatte im Ausschuss aber deutlich, dass auch sie so viel kommunale Stadtwerke wie möglich wünschen. „Inhaltlich gibt es keine grundsätzlich gegenteilige Auffassung“, hatte zuvor auch der Erste Bürgermeister Michael Föll erklärt. Bei der sachbezogenen Fragestellung gebe es eine große Schnittmenge mit der Bürgerinitiative. Deren Vertreter Wilfried Böhler erklärte in seiner Stellungnahme, dass das Bürgerbegehren handwerklich und rechtlich in Ordnung sei. „Es fordert die Stadt lediglich auf, auf der Basis der bestehenden Rechtslage alles zu tun, um die Netze selbst zu übernehmen.“

Dieser Ansicht widersprach allerdings Winfried Porsch von der Kanzlei Dolde und Partner als Gutachter der Landeshauptstadt. Wenn der Gemeinderat die Zielsetzung des Bürgerbegehrens übernehme, dann könne die Kommune alle Konzessionen nur noch an die eigenen Stadtwerke vergeben. „Das wäre eine tolle Steilvorlage für unterlegene Konkurrenten, die gegen die Vergabe klagen möchten.“

Bürgerinitiative begrüßt Idee der Verschiebung

„Wir haben das gleiche Ziel wie die Bürgerinitiative“, erklärte Grünen-Stadtrat Jochen Stopper. „Das Bürgerbegehren wäre der Königsweg, wenn diesem keine hohen rechtlichen Risiken entgegenstünden.“ Deswegen könne man dem Begehren leider nicht zustimmen.

„Wir sind auf einem guten Weg“, betonte der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Zwischen dem Gemeinderat und den Initiatoren des Bürgerbegehrens gebe es mehr verbindende als trennende Punkte. „Um das hohe Gut der Bürgerbeteiligung zu schützen, stellt sich aber die Frage, ob das Begehren unbedingt jetzt abgelehnt werden muss“, so Kotz. Falls sich aber keine Mehrheit für eine Vertagung finde, werde auch die CDU-Fraktion das Bürgerbegehren wegen der rechtlichen Risiken ablehnen. Die Bitte um eine Aufschiebung der Entscheidung wurde auch von Böhler im Namen der Bürgerinitiative geäußert.

Stadtrat schlägt Rücknahme des Begehrens vor

Die SPD-Fraktion sieht sich inhaltlich ebenfalls auf der Seite der Aktion Stadtwerke. „Wir ticken auf der gleichen Wellenlänge“, erklärte der Stadtrat Manfred Kanzleiter. Man wolle eindeutig kommunal geprägte Stadtwerke. Gerade deshalb müsse man aber die Rechtslage strikt beachten. „Wir können dem Bürgerbegehren wegen der rechtlichen Unwägbarkeiten nicht zustimmen, wir versprechen aber, uns mit allen Kräften um dessen Ziele zu bemühen“, betonte Sozialdemokrat Kanzleiter.

„Nehmen Sie das Bürgerbegehren doch zurück, dann müssen wir es nicht ablehnen“, schlug Jürgen Zeeb, der Fraktionschef der Freien Wähler, vor. So könne jede Seite das Gesicht wahren. Wegen seiner Kritik über die mangelnde Präsenz der Initiatoren des Begehrens unter den Zuhörern musste er selbst Kritik einstecken. Die Einladung sei erst am späten Dienstagabend ausgesprochen worden, erklärte Föll.

„Keine Stadtwerke wären das geringste Risiko“, sagte der FDP-Fraktionschef Bernd Klingler. Da dies nicht zu erreichen sei, werde man das Bürgerbegehren ablehnen.

Zustimmung signalisierte dagegen der SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch. Bei der Gestaltung des Konzessionsverfahrens könnten die Kriterien durchaus im Sinne des Bürgerbegehrens gestaltet werden.