Tschernobyl war die entscheidende Zäsur im Leben des „Stromrebells“. Dass es in Stuttgart wieder kommunale Stadtwerke gibt, ist für Michael Sladek ein Erfolg. Im StZ-Interview spricht er auch darüber, wie es ist, im Establishment anzukommen.

Stuttgart –Am Samstag starten die Stadtwerke Stuttgart den Strom- und Gasvertrieb. Eine der treibenden Kräfte hinter dem ökologisch geprägten kommunalen Energieangebot ist Michael Sladek von den Schönauer Stromrebellen. Für den Ökostrompionier aus dem Schwarzwald muss die Energiewende dezentral sein. Im StZ-Interview plädiert er dafür, Bürger an der Energieerzeugung und an den Versorgungsnetzen zu beteiligen. Zentralistisch organisierte Konzerne wie die EnBW müssten hingegen „filetiert“ werden.
Herr Sladek, Sie sind gelernter Arzt. Wie wird man da zum Stromverkäufer?
Ich bin immer noch Arzt. Einen Tag in der Woche arbeite ich weiter in meiner Gemeinschaftspraxis in Schönau. Das möchte ich auch nicht missen. Wenn ich mich entscheiden müsste, dann würde ich mich auf jeden Fall für den Arzt entscheiden.

Und warum sind Sie dann überhaupt Stromverkäufer geworden?
Das kann man ganz genau terminieren: Es war der 26. April 1986. Tschernobyl. Ich wollte nach der Atomkatastrophe etwas verändern, ich wollte gesellschaftspolitisch aktiv werden. Dazu gehörte die Energiewende. So wurden wir bei den Elektrizitätswerken in Schönau zu den „Stromrebellen“ – ein Name, den wir uns übrigens nie selbst gegeben haben. Und irgendwann beginnt man dann, Strom zu verkaufen.

Sie kommen aus einer ökologischen Bürgerbewegung – jetzt sind Sie in Stuttgart mittendrin im Establishment angekommen. Wie empfinden Sie diese Entwicklung?
Es stimmt, wir waren in einer Nische, wir galten als die Spinner aus dem Schwarzwald – und jetzt sind wir plötzlich salonfähig. Spätestens seit Fukushima sind wir im Kern der Gesellschaft angekommen. Das gebe ich ehrlich zu: Es ist toll, zu dieser Wende im Denken beigetragen zu haben. Es ist eine Würdigung für uns – und ich freue mich saumäßig, dass uns das gelungen ist.