Die Stuttgarter Stadtwerke sollen zu hundert Prozent in kommunaler Regie betrieben werden - ohne Beteiligung der EnBW.

Stuttgart - Die Äußerungen von Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und Finanzbürgermeister Michael Föll zur Gründung von Stadtwerken sind in Teilen der Öffentlichkeit kritisch aufgenommen worden. Sowohl der Verein zur Förderung Kommunaler Stadtwerke wie auch das Stuttgarter Wasserforum bemängeln, dass die Rathausspitze kein "echtes" kommunales Energieunternehmen plane. Wie berichtet, soll am 12. Mai im Gemeinderat der Grundsatzbeschluss zur Gründung der Stadtwerke Stuttgart gefasst werden. Die an die EnBW vergebenen Konzessionen für die Strom-, Gas-, und Wasserversorgung laufen 2013 aus.

 

Der Verein lehnt den "Schmusekurs" der Stadt ab: "Richtige Stadtwerke sind zu hundert Prozent in Besitz der Stadt", stellt der Vorsitzende Klaus Starke fest. Deshalb müsse das neue städtische Unternehmen - zum Beispiel beim Strom - das gesamte Netz sowie dessen Betrieb allein ohne Beteiligung der EnBW oder eines anderen Energiekonzerns übernehmen. Der Rathausspitze genüge aber schon eine sehr knappe Mehrheit von 51 Prozent, bemängelt Starke. Föll hatte einen geringeren städtischen Anteil bei der Pressekonferenz im Rathaus als "nicht verhandelbar" bezeichnet.

Strom könnte günstiger werden

Wenn die Stadt das Stromnetz vollständig übernehme, dann sei auch das notwendige Personal vorhanden, betont Starke. Denn dabei gingen die betroffenen Arbeitnehmer nach den Vorschriften des Bundesgesetzbuches auf den neuen Eigentümer über. Da in diesem Fall auch keine zusätzlichen Kosten für einen technischen Dienstleister und Vertriebspartner anfielen, könne den Kunden der Strom günstiger angeboten werden.

Kritik übte Starke auch an den angeblichen Entflechtungskosten in Höhe von 70 Millionen Euro für das Strom-, Gas und Wassernetz. Die Stadt versuche den Eindruck zu erwecken, dass diese Kosten für die Abtrennung von den EnBW-Leitungen allein von der Stadt getragen werden müssten. Laut aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) müsse das kommunale Unternehmen aber allenfalls die Hälfte übernehmen.

"Der Gemeinderat soll das Bürgerbegehren abwarten"

"Die angeblichen Entflechtungskosten in Höhe von 70 Millionen Euro sind viel zu hoch", kritisiert auch ein Geschäftsführer eines anderen Energieunternehmens. Statt die tatsächliche Summe zu ermitteln, habe der städtische Gutachter "diese von der EnBW genannte Zahl unkritisch übernommen".

Auch dem Stuttgarter Wasserforum gefällt der vom Rathaus eingeschlagene Weg zu Stadtwerken nicht. "Wir erwarten, dass der Gemeinderatsbeschluss über die Ausrichtung der Stadtwerke zurückgestellt wird, bis das Bürgerbegehren abgeschlossen ist", heißt es in einer Stellungnahme. Wie berichtet, sammelt die Initiative Unterschriften mit dem Ziel, eine Beteiligung der EnBW an Stadtwerken auszuschließen. "Die Stadt hat sich nicht mit den Bürgern abgestimmt", so das Wasserforum. Das noch laufende Bürgerbegehren sei die Antwort auf den fehlenden Dialog. Noch sei das erforderliche Quorum von 20.000 Unterschriften nicht erreicht worden. Das von der Stadt geplante Modell lehnt das Wasserforum als unzureichend ab. "Wir wollen Stadtwerke, die die Energie- und Wasserversorgungspolitik voll in der Hand haben", heißt es. Die Stadt müsse alle Netze zurückkaufen, einschließlich des Fernwärmenetzes und diese "ohne Partner und ohne EnBW" betreiben.

"Stadt allein muss das Sagen haben"

Für den Grünen-Stadtrat Peter Pätzold sind noch keine Entscheidungen gefallen. "Am 12. Mai eröffnet der Gemeinderat nur den Weg zu Stadtwerken, auch danach ist eine Bürgerbeteiligung möglich." Pätzold erinnert daran, dass die Stadt bei der Wasserversorgung bereits das Ziel des Bürgerbegehrens "Hundertwasser" übernommen habe und in Form eines rein kommunalen Eigenbetriebs umsetzen wolle. "Auch bei den Stadtwerken für Strom und Gas darf es nur eine Lösung geben, bei der allein die Stadt das Sagen hat."

Die SPD-Fraktion denkt weiterhin an eine große Lösung durch die Übernahme der EnBW Regional AG. Dieser wirtschaftlich sinnvolle Schritt müsse mit anderen Städten in der Region genau geprüft werden.