Die Stadtwerke Stuttgart haben bei Bad Hersfeld sechs Windkraftanlagen erworben. Nach der Bürgerinitiative „Rettet den Stadtwald“ hat nun auch ein CDU-Bundestagsabgeordneter massive Kritik an dem Projekt geübt.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - In Bad Hersfeld, wo die Stadtwerke Stuttgart vor drei Wochen sechs Windkraftanlagen erworben haben, schlagen die Wellen hoch – einschlägige Wortspiele mit den Begriffen Gegenwind und Sturm verbieten sich angesichts des mittlerweile doch sehr ernsten Konflikts. Nach der Bürgerinitiative „Rettet den Stadtwald“ hat nun auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Helmut Heiderich massive Kritik an dem Projekt geübt, durch das rechnerisch 15 000 Haushalte mit Strom versorgt werden können.

 

Vorwurf der Bereicherung

Heiderich unterstellt den Stadtwerken Stuttgart und der Wiesbadener Firma ABO-Wind, die die Anlagen gebaut hat, dass sie sich vor allem an dem Projekt bereichern wollten. ABO-Wind habe 20 Millionen Euro investiert, den Windpark aber für 28 Millionen Euro verkauft. Auch die Stadtwerke würden über die 20-jährige Laufzeit gesehen rund 50 Millionen Euro „brutto auf dem Konto“ haben. Heiderichs Fazit: „Die Vorgänge um die Windräder in Bad Hersfeld machen in besonderem Maße deutlich, dass es in dieser Branche überhaupt nicht um die Interessen der Bürger geht.“ Vielmehr wollten die Betreiber möglichst hohen Profit erzielen.

Alexander Koffka, der Pressesprecher von ABO-Wind, hat die Kritik umgehend in einer recht bissigen Pressemitteilung gekontert. Man zolle den örtlichen Windkraftgegnern „Respekt für deren Einfallsreichtum beim Erfinden von Argumenten“, heißt es darin. Koffka wirft dem Abgeordneten eine Milchmädchenrechnung vor, weil die Kosten für Pacht, Wartung, Betriebsführung und Versicherungen nicht berücksichtigt seien. Den Gegnern sei jedes „an den Haaren herbeigezogene Vorurteil recht, um Windparks madig zu machen“, so Koffka. Eines jedenfalls ist nun wohl jedem klar: Der Ton wird rauer.

Herbe Kritik am BUND

Herbe Kritik hat sich auch der BUND-Kreisverband in Bad Hersfeld gefallen lassen müssen. Er hat sich nämlich – nach eigenem Bekunden nach intensiven Gesprächen und Recherchen – zu den Windkraftanlagen im Stadtwald bekannt. Der Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle- und Ölwirtschaft sei die wichtigste Zukunftsfrage der Menschheit, so der Kreisvorsitzende Jörg Bennedik in einer Stellungnahme – in der Debatte um Windräder würden die Aspekte Klimaschutz, Atomausstieg und Energiewende manchmal aber nicht ausreichend berücksichtigt.

Daneben sei natürlich der Naturschutz ein ganz wichtiger Aspekt, auf den der BUND achten werde. Man begrüße deshalb, dass der Regierungspräsident in Kassel jede der geplanten Windkraftanlagen einzeln auf deren Natur- und Umweltverträglichkeit hin prüfen werde. Jörg Bennedik räumt aber ein, dass es beim örtlichen Naturschutzbund und auch im eigenen Verband Mitglieder gebe, die die Haltung des BUND nicht nachvollziehen könnten.

Michael Maxelon, der Geschäftsführer der Stadtwerke Stuttgart, will die Emotionen aus der Debatte nehmen. Es gebe bereits einen Termin mit der Bürgerinitiative – die bisherigen Gespräche seien sehr sachlich verlaufen. Natürlich könne man die Windräder nicht abschalten, aber trotzdem gebe es Punkte, über die sich zu reden lohne. Maxelon betonte, dass es in Bad Hersfeld auch eine Initiative gebe, die die Windkraft befürworte und sich an den Rädern beteiligen möchte.

Forderung nach lokalem Engagement der Stadtwerke

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Helmut Heiderich hat im Übrigen noch ein Argument vorgebracht, das – mit umgekehrten Vorzeichen – verhalten auch schon in Stuttgart zu hören war. Heiderich kritisierte, dass die Bürger in Bad Hersfeld nichts davon hätten, wenn sich Unternehmen aus Stuttgart mit den Windrädern „die Konten füllen“. Tatsächlich fragt sich mancher auch in Stuttgart, ob es eine auf Dauer sinnvolle Strategie der Stadtwerke ist, irgendwo in Deutschland Windparks zu kaufen. Michael Maxelon betont dann gerne: In Stuttgart könne man nur ganz wenige Windräder bauen; man werde deshalb immer auf Parks in anderen Gebieten angewiesen sein. In der Großstadt selbst stünden – neben dem Ausbau der Solarenergie – die zwei anderen entscheidenden Faktoren der Energiewende im Vordergrund: Energieeffizienz und Energieeinsparung.

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