Das Dorotheenquartier startet als einzig namhafter Bürokomplex fast vollvermietet in die Bauphase. Andere große Bürogebäude in Stuttgart, speziell im oberen Preissegment, tun sich bei der Suche nach Mietern derzeit noch schwer.

Stuttgart - Das Innenministerium am Karlsplatz wird dem Erdboden gleich gemacht. Das Bürogebäude muss Breuningers Dorotheenquartier weichen. Ein Projekt, das eine Sonderstellung genießt. Als einzig prominenter Bürokomplex kann die Bauphase mit einem hohen Vermietungsstand begonnen werden – im Stadtvergleich eine absolute Ausnahme.

 

Wer aufmerksam durch die Stadt geht, muss den Eindruck bekommen, dass Innenstadtbüros echte Ladenhüter sind. An zahllosen Baustellen werden auf großformartigen Werbebannern Büroflächen angepriesen. Egal ob das City Gate am Bahnhof zwischen Friedrich- und Kriegsbergstraße, die Büroebenen des Milaneo im Europaviertel oder die von Gerber und Caleido am südlichen Rand der Innenstadt – überall lassen sich hochwertige und hochpreisige Büroimmobilien nur schleppend vermieten. Dabei gilt für derartige Bauvorhaben eigentlich als Faustregel: 30 bis 40 Prozent müssen vor Baubeginn vermietet sein.

Große Büroprojekte tun sich schwer

„Wir haben in Stuttgart einen Leerstand von Büroflächen von rund fünf Prozent. In der City ist er sogar noch niedriger“, erklärt aber Alexander Veiel, der Regional-Manager der Gewerbemakler Jones Lang Lasalle. Das sei „die geringste Quote im Vergleich der deutschen Top-Standorte“. Gleichzeitig bestätigt Veiel: „Es ist richtig, die großen Projekte tun sich bei der Vermietung noch schwer.“ Weder City Gate noch Milaneo haben beispielsweise nach Aussagen des Maklers bislang Mieter gefunden.

Breuninger hat beim Dorotheenquartier einen eigenen Weg beschritten. Insgesamt entstehen mit den drei Gebäuden zwischen Karlsplatz und Sporerstraße oberirdisch rund 38 000 Quadratmeter Fläche, etwa 26 000 davon sollen Büroräume werden. „Das Land Baden-Württemberg wird 20 000 Quadratmeter davon für Ministerien anmieten“, erklärt Frank Kupferschmidt, der Sprecher des Finanzministeriums. Welche Behörden einziehen, wolle man im Moment jedoch noch nicht sagen. Nur so viel: „Wir haben einen privatwirtschaftlichen Vertrag mit dem Vermieter geschlossen.“ Will heißen, für Breuninger ist das Land aus finanzieller Sicht ein Mieter wie jeder andere. Zudem wird in Maklerkreisen berichtet, das Warenhaus habe für sein Quartier einen weiteren großen Büromieter für 5000 Quadratmeter der Flächen gewinnen können. Eine Bestätigung will der Breuninger-Sprecher Christian Witt allerdings nicht geben. Ist die Information der Makler aber korrekt, wären die Büroflächen im Dorotheenquartier fast komplett vermietet.

Geringe Preisunterschiede zwischen City und Stadtrand

Die Hoffnungen der Stuttgarter Gewerbemakler abseits des Breuninger-Projekts ruhen auf der geringen Preisdifferenz zwischen den Top-Lagen in der City und den Standorten am Rand der Stadt. „Der Unterschied in der Miethöhe zwischen Top- und B-Lagen ist in Stuttgart, aufgrund der verhältnismäßig geringen Spitzenmiete, vergleichsweise gering“, erklärt Michael Bräutigam, der Geschäftsführer von Colliers International in Stuttgart. Während Luxusbüros in der Landeshauptstadt zwischen 17 und 21 Euro pro Quadratmeter vermietet werden, kostet ein vergleichbares Angebot in Frankfurt am Main bis zu 40 Euro. „Der Preissprung vom Stadtrand in die City ist nicht groß“, sagt auch Alexander Veiel. Neubauprojekte in Märkten wie etwa Vaihingen bewegen sich nach seinen Angaben im Bereich von 13 Euro – in Frankfurt liegen die Randlagen auf ähnlichem Niveau. Und: „Momentan wird bei den Interessenten noch abgewartet und verglichen“, erklärt Alexander Veiel die aktuelle Zurückhaltung. Dass Investoren in Stuttgart trotz fehlender Vorvermietung bauen, hält er nicht für ein zu großes Risiko. „Wegen des geringen Leerstands ist das Angebot überschaubar“, sagt Veiel. Die Attraktivität des Standorts sei sehr hoch. „Es ist davon auszugehen, dass der aktuelle Überhang an hochwertigen Flächen kurzfristiger Natur ist und rasch abgebaut wird“, erklärt auch Michael Bräutigam.

Die Büros im Dorotheenquartier werden voraussichtlich Ende 2016 bezogen. Mit diesem Datum planen Land und Bauherr. „Wir sind natürlich vom Fortschritt auf der Baustelle abhängig“, erklärt Ministeriumssprecher Kupferschmidt. Der Abriss des alten Innenministeriums soll hingegen schon im April beendet werden.

Stadt ist zufrieden mit der Entwicklung des Büromarkts

Bericht
Die Stadt spricht für 2013 von einem guten Jahr auf dem Büromarkt. Rund 258 000 Quadratmeter an Büroflächen wurden vermietet. Das geht aus dem aktuellen Bericht der Verwaltung hervor. Das sind 34 Prozent mehr als 2012. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage liegen die Erwartungen für 2014 hoch.

Quoten
Die aktuellen Großprojekte spiegeln den geringen Leerstand in der Stadt nicht wieder. Das Milaneo konnte bislang noch keine Büromieter gewinnen, im Gerber sind nach letzten Meldungen 1000 der 7000 Quadratmeter vermietet. Auch im City Gate wird der erste Mieter noch gesucht. Der weitere Vermietungsstand: Caleido: 84 Prozent, Bülow Carré: 80 Prozent, Rosenberghöfe: 51 Prozent.