Wie mächtig wird ein Turm wirklich, wie sehr trägt ein Haus auf? Christoph Runde vom VDC hält dreidimensionale Darstellungen für ein demokratisches Planungsmittel. Manche Großprojekte wären vielleicht anders beurteilt worden.

Stuttgart - Stadtpläne und Landkarten sind von gestern, dreidimensionale Modelle von Städten und Regionen sind heute für Architekten, Stadt- und Raumplaner der Renner, aber auch im Vermessungswesen und im Umweltschutz spielen sie eine Rolle. So kann mit 3-D-Stadtmodellen die Verbreitung von Lärm- und Abgasen simuliert werden, es können Prognosen über Veränderungen des Stadtklimas erstellt werden. Bei einer Naturkatastrophe, etwa einem Hochwasser, kann anhand von dreidimensionalen Landschaftsmodellen rasch ermittelt werden, welche Gebiete betroffen sind und wie der Regenabfluss läuft. Es gibt Solar- und Windatlanten für die Städte, die zeigen, wo die Sonne knallt und an welcher Ecke es am heftigsten windet.

 

Christoph Runde, Geschäftsführer des Virtual Dimension Center (VDC) in Fellbach, hat beim Stadtkongress der StZ „intelligente Stadtmodelle der Zukunft“ vorgestellt. Das VDC versteht sich als ein Kompetenznetzwerk für virtuelles Engineering. Es ist ein wirtschaftlicher Verein, nicht profitorientiert, aber getragen von 85 Mitgliedern, darunter renommierten Forschungseinrichtungen, Universitäten, Städten und Firmen. Früher habe man mit Fotomontagen versucht, die Wirkung eines Gebäudes auf andere Häuser oder in einer Landschaft darzustellen, sagte Runde. „Die waren häufig schwierig in der Durchführung, unpräzise und teilweise bewusst irreführend.“ Schon mit verschiedenen Brennweiten lasse sich der Eindruck manipulieren. Am Beispiel des Aufzugtestturms von Rottweil, gebaut von Thyssen-Krupp, belegte Runde, wie umstritten eine Montage in der Planungsphase sein kann. Kritische Bürger hatten früh angezweifelt, ob die Darstellung von Thyssen-Krupp den geplanten Turm nicht zu klein und unauffällig aussehen lasse. Mit einer dreidimensionalen Darstellung, basierend auf „exakten vermessungstechnischen Daten“, so Runde, wäre das nicht passiert.

Datenbestände sollen zusammengeführt werden

„Die Verbreitung der virtuellen Reality kann zur Demokratisierung der Beurteilung von Bauvorhaben führen“, sagte der Experte. „Aber wir werden in Zukunft eine starke Ausdifferenzierung der 3-D-Stadtmodelle haben, da die Anforderungen der Anwendungen verschieden sind.“ Schon jetzt gibt es die 3-D-Darstellung von Fahr-, Flug- oder Hafensimulationen. „Das Gold liegt in der Integration“, sagte Runde, das heißt der Zusammenführung von Datenbeständen, etwa einer Katastrophensimulation, mit einer Schadstoffsimulation sowie Verkehrs- oder Menschenströmen, die auf eine „kritische Infrastruktur“ stoßen.

Virtuelle Reality ermöglicht eine Erlebniswert, aber die Zukunft gehört der sogenannten „Augmented Reality“. Hierbei werden grafische 3-D-Abbildungen überlagert mit Szenen der Wirklichkeit. Darüber hinaus ist eine zeitversetzte Visualisierung machbar, bei der die Rekonstruktion bei archäologischen Funden oder die Vorschau auf die Entwicklung eines Bauvorhabens möglich ist. An Geräten für Augmented Reality, so Runde, werde schon gearbeitet.

Die wachsende Fülle von Daten – gesendet von Sensoren egal ob in Einkaufszentren, Schulen oder von den Smartphones – wird die Welt verändern. „Welche Daten werden neue mobile Endgeräte und Infrastrukturen uns liefern? Welchen Nutzen bringen sie uns?“, fragte Runde. Machbar sei vieles, die Frage bleibe: „Was werden die Inhalte der Darstellung sein?“