Seit 25 Jahren sind Stuttgart und Brünn Partner. Zur Feier des Jubiläums reist am Donnerstag eine 26-köpfige Delegation in die tschechische Stadt – dem Pilotenstreik zum Trotz.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart/Brünn - Eine besonders lebendige Städtepartnerschaft verbinde Stuttgart mit Brünn, lobt Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Am Donnerstag startet er zusammen mit insgesamt 26 Vertretern von Gemeinderat, Verwaltung sowie verschiedener Organisationen. Vier Tage lang feiern die Stuttgarter mit den Brünnern ihr 25. Partnerschaftsjubiläum, und wie vielfältig die Beziehungen sind, zeigt schon das prall gefüllte Besuchsprogramm. Wegen des Streiks bei der Lufthansa gab es im Vorfeld einigen Wirbel, denn der Hinflug für die 27 Teilnehmer ist gestrichen. „Absagen werden wir auf keinen Fall. Zur Not fahren wir mit dem Bus“, kündigte Frédéric Stephan an, der im Rathaus für die internationalen Beziehungen zuständig ist. Doch die Mitarbeiterinnen des beauftragten Reisebüros brachten es fertig: die Delegation kann fliegen.

 

Die zweitjüngste Städtepartnerschaft Stuttgarts wurde von Oberbürgermeister Manfred Rommel am 4. Dezember 1989 unterzeichnet, angeregt hatte sie der damalige tschechische Botschafter bei einem Besuch in Stuttgart. Ein Jahr zuvor war das polnische Lodz die erste Partnerstadt im Osten geworden und 1992 folgte Samara in Russland. Während nach dem Zweiten Weltkrieg die Städtepartnerschaften in den Ländern der Alliierten mit St.Helens in England, Cardiff in Wales, St. Louis in den USA und Straßburg in Frankreich Ausdruck der Versöhnung waren, stand Ende der 60er Jahre die Hilfe für die Dritte Welt bei der Wahl der internationalen Verbandelungen im Vordergrund. So kamen Mumbai in Indien, Menzel Bourguiba in Tunesien sowie die ägyptische Hauptstadt Kairo als Partner hinzu. Im Zuge der Öffnung des Ostens wurden die drei jüngsten Partnerschaften begründet. 2003 wurde die Freundschaft mit Brünn von den Außenministerien beider Länder als beste deutsch-tschechische Partnerschaft unter Großstädten ausgezeichnet.

„Die Brünner ticken genauso wie wir“, charakterisiert Frédéric Stephan die besondere Qualität der Beziehungen. Hier wie dort werde Wert auf Dezentralisierung und auf Bürgerbeteiligung gelegt, betont er. So arbeiten beide Städte in dem Netzwerk „Cities for Mobility“. Wirtschaft, Wissenschaft, Verkehrsbetriebe, Bürger und Stadtverwaltungen tüfteln hier gemeinsam am Aufbau von nachhaltigen, effizienten und zukunftsfähigen Verkehrssystemen. Groß geschrieben wird seit jeher der Schüleraustausch. Deshalb sind auch 40 Sängerinnen und Sänger des Chors des Ferdinand-Porsche-Gymnasium sowie zehn Mitglieder des Vereins zur Förderung von Schulpartnerschaften Stuttgart-Brünn vor Ort. Die Gymnasiasten musizieren bei zwei Auftritten mit Brünner Schülern.

Neben den weiterführenden Schulen arbeiten auch die Evangelische Fachschule für Sozialpädagogik und die Evangelische Akademie für Sozialarbeit in Brünn seit 2005 zusammen. Wie eng der Austausch werden kann, zeigt die Tatsache, dass einer der Absolventen am Institut Dr. Flad, dem Berufskolleg für Chemie, Pharmazie und Umwelt, aus Brünn kommt und erst in der vergangenen Woche waren 50 Studenten aus der tschechischen Universitätsstadt hier zu Gast. Und selbst die Jüngsten können aktiv werden. Für sie hat Hanna Zakhari vom Deutschen Kulturverband Region Brünn einen Malwettbewerb ausgelobt.

Brünn und Stuttgart verbindet auch ein städtebauliches Projekt. In Brünn soll der Bahnhof verlegt werden, um Baugrund zu gewinnen. Dennoch wird die Delegation keine Baustellenbesichtigung machen. „Es gibt dort nichts zu sehen“, erklärt Stephan. Zwar hatten die Brünner ursprünglich bei der Planung die Nase vorn, jetzt aber hat sich bei dem kontrovers diskutierten Großprojekt alles verzögert. Dafür werden die Gastgeber ihre innovativen Verkehrsprojekte erklären und die Gäste unter die Erde ins Brünner Labyrinth führen, das erst vor kurzem erschlossen wurde. Auch die Burg Spilberk, die Villa Tugendhat von Mies van der Rohe, die zum Weltkulturerbe zählt, die Brünner Stadtbibliothek – die zweitgrößte Tschechiens – sowie die letzte noch existierende Großbrauerei werden die Stuttgarter Besucher besichtigen. Ende Juni steht der Gegenbesuch auf dem Programm, und das ganze Jahr über gibt es zahlreiche Veranstaltungen zu der Partnerschaft. Die Termine stehen auf der Homepage der Stadt.