Die Rathausspitze will jetzt viele Stellen schaffen. Die Einsicht kommt womöglich zu spät, kommentiert StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Der Gemeinderat hat in selten gewordener Einmütigkeit erklärt, sich von OB Fritz Kuhn (Grüne) und Kämmerer Michael Föll (CDU) den finanziellen Spielraum nicht länger kleinrechnen zu lassen. Der Rat strich die Rücklage für die Oper zusammen, weitere Sparkonten oder Barkassen könnten ebenfalls geräumt werden, um mehr Geld für den laufenden Betrieb locker zu machen. Das überrascht nicht, nachdem auch das Ergebnis 2016 um rund 200 Millionen Euro über der Prognose der Finanzverwaltung liegt und vor allem SPD-Fraktionschef Martin Körner ein kritisches Auge auf den Haushalt hat, nachdem CDU und Grüne den letzten Etat ohne die Genossen stemmten.

 

Blumenbeete sollten verkleinert werden

Das Duo an der Rathausspitze hat den Bogen zuletzt auch überspannt. Angesichts solcher Überschüsse muss man erst einmal auf die Idee kommen, aus Sorge vor schlechten Zeiten den Sportvereinen eine Gebührenerhöhung aufs Auge drücken, Brunnen auszutrocknen und Blumenbeete im Höhenpark Killesberg zu halbieren.

Man muss nun nicht darüber klagen, Schulden abgebaut zu haben und in Rücklagen, Rückstellungen und in der Kasse drei Milliarden Euro „parken“ zu müssen – „anlegen“ kann man bei fast null Prozent Zinsen ja nicht sagen. Es mangelt dieser Politik aber bekanntlich an der Balance, mit der Folge, dass sich die Infrastruktur partiell in ihre Bestandteile auflöst. Daran ändert auch die Aussage des Kämmerers nicht, die Investitionen seien höher als der Werteverzehr. Ein Schulgebäude bröckelt, auch wenn ein Museum hinzukommt. Vor allem aber ist der Personalkörper in vielen Ämtern am Limit, sodass wichtige Serviceleistungen nicht mehr angeboten werden können. Bürgerbüros bleiben zu, weil die Beschäftigten im Schnitt 34 Tage im Jahr krank sind. Der OB hat auf Druck neue Stellen versprochen, der Kämmerer will besser kalkulieren, um die Spielräume zu schaffen. Man fragt sich: Warum nicht gleich so?