Aus dem geplanten Minus des Klinikums der Stadt Stuttgart von zehn Millionen Euro sind 17 geworden. Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne) macht vor allem die Rahmenbedingungen der Bundespolitik dafür verantwortlich.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die wirtschaftliche Lage des städtischen Klinikums hat sich deutlich verschlechtert. Das für das zurückliegende Jahr mit knapp zehn Millionen Euro veranschlagte Defizit ist auf 17 Millionen Euro angestiegen. Aufgrund der Rahmenbedingungen, aber auch durch Sonderfaktoren wächst der wirtschaftliche Druck in dem mit knapp 2200 Betten größten Klinikum der Stadt weiter. Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) verlangt nun von der Geschäftsführung, aber auch vom Personalrat, Vorschläge, wie dieser Entwicklung Einhalt geboten werden kann. Das Kinderkrankenhaus Olgäle soll bei der Prüfung von Einsparungen nicht ausgenommen werden. Wölfle: „Wenn wir nichts tun, läuft das aus dem Ruder.“

 

Die Ursachen für die sich zuspitzende Lage sind vielfältig. Zum einen öffnet sich die Schere zwischen dem Kostenanstieg der Krankenhäuser und der nicht in gleichem Maße wachsenden Vergütung zusehends. So rechnet man damit, dass in diesem Jahr der sogenannte Landesbasisfallwert, nach dem die Leistungen der Krankenhäuser bezahlt werden, sinken wird, was zu deutlichen Einbußen führt.

Die Fallzahlen steigen nicht, sie stagnieren

Im städtischen Klinikum zeigt sich auch, dass das bisherige Rezept, die wirtschaftliche Situation durch eine stetige Steigerung der Fallzahlen zu stabilisieren, wie dies auch im Wirtschaftsplan 2014 geplant war, nicht mehr funktioniert; die Zahlen stagnierten. Und im härter werdenden Wettbewerb der Krankenhäuser in Stadt und Region hat das Klinikum zwei renommierte Chefärzte verloren, von denen einer samt Team zur direkten Konkurrenz am Ort abgewandert ist. Dann befindet sich das Klinikum weiter in einer umfassenden Neuordnung, die erhebliche Reibungsverluste mit sich bringt. So steht der Umzug eines Großteils des Bürgerhospitals an das Katharinenhospital (KH) bevor, wo weitere Neubauten entstehen. Am Standort Bad Cannstatt läuft der Aufbau eines Zentrums für Altersmedizin. Erst im Frühjahr sind das Kinderhospital Olgäle vom Westen und die Frauenklinik von Bad Cannstatt in einen gemeinsamen Neubau am KH umgezogen. Nun deutet sich an, dass die eingeplante „Effizienzrendite“, die man sich durch die Verbesserungen versprochen hat, zumindest vorerst nicht, vielleicht aber gar nicht, eintreten wird.

Dem Vernehmen nach macht alleine das Olgäle bald zehn Millionen Euro des Defizits aus. Bis jetzt bekommt das Kinderhospital von der Stadt einen Ausgleich von fünf Millionen Euro im Jahr, doch der soll 2016 wegfallen. Und vielleicht wird das 347 Millionen Euro teure Doppelprojekt, wo inzwischen etliche Wasserschäden und Mängel festgestellt wurden, in der Endabrechnung sogar noch einige Millionen teurer.

Kritik am „Nichthandeln“ der Berliner Koalition

„Die Auswirkungen des Nichthandelns auf Bundesebene werden immer gravierender“, kritisiert Werner Wölfle die Berliner Politik. Aber der Krankenhausbürgermeister weiß, dass dies nichts ändert am notwendigen Handeln im eigenen Haus. So pocht er darauf, dass die Geschäftsführung bis Mitte Februar, wenn der Krankenhausausschuss tagt, transparent macht, welche Deckungsbeiträge oder Defizite die klinischen Bereiche liefern und wie diese zu den üblichen Werten anderer Krankenhäuser stehen. „Das Olgäle müssen wir uns besonders anschauen, das sage ich offen“, erklärte Wölfle. So frage er sich, ob die bestehende, sehr feine Unterteilung der Fachgebiete notwendig sei. Und der Krankenhausbürgermeister will geprüft haben, ob die Kinderheilkunde und die Erwachsenenmedizin nicht besser verzahnt werden könnten.

Personalrat fordert weitere Unterstützung der Stadt

Werner Wölfle bekräftigte „die kommunale Verantwortung“, das Klinikum als Maximalversorger mit Spitzenmedizin zu erhalten. Dies müsse aber „mit einem für den Steuerzahler vertretbaren Aufwand geschehen“. Was den Beitrag der Belegschaft angeht, sagte der Krankenhausbürgermeister, alle Berufsgruppen müssten einen Beitrag leisten, auch, aber nicht nur, die unteren. „Im Ärztebereich haben wir Personal aufgebaut wegen wachsender Fallzahlen, die treten aber nicht ein“, so Wölfle.

Jürgen Lux, der Chef des Personalrats, ist in Sorge angesichts der Belastungen der Mitarbeiter, die schon in der Vergangenheit stark gewachsen seien. „Die Leute zerbrechen langsam am Spardruck. Das Defizit kann nicht auf Dauer von den Beschäftigten getragen werden.“ Deshalb hofft Lux auf weitere Unterstützung durch die Stadt.