Die Richter urteilen, dass der Verein Mitglieder als solche anerkennen muss und Beschlüsse nichtig sind.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stuttgart-Stammheim - Der Stammheimer Kleintierzuchtverein hat vor dem Landgericht in Stuttgart eine Schlappe kassiert. Die Richter kamen zu dem Urteil, dass der Verein mehrere Personen als ordentliche Mitglieder anerkennen muss, obwohl ihre Aufnahmeanträge mehrheitlich in einer Versammlung abgelehnt worden waren. Vier Personen hatten vor Gericht um ihre Mitgliedschaft gestritten, darunter der Stammheimer Udo Rössle.

 

Die Richter urteilten, der Verein könne die Aufnahmeanträge nachträglich nicht mehr ablehnen, nachdem Rössle und seine Mitstreiter bereits über einen längeren Zeitraum „formal als Mitglieder behandelt“ worden seien. „Unstreitig wurden die Kläger im Ortsvereins-Mitgliederverzeichnis geführt und waren auch dem Landesverband als Vereinsmitglieder gemeldet“, so die Richter. Ebenfalls führte der Verein für sie Versicherungsbeiträge ab. Zudem habe der Vereinsvorsitzende den Besuch der nicht öffentlichen Vereinsgaststätte über Jahre hinweg geduldet. Darüber hinaus habe zumindest einer der vier Kläger im Jahr 2008 „seinen Vereinsbeitrag unwidersprochen bezahlt. In der Folge wurden Zahlungen der streitigen Mitglieder seitens des Vereins nicht mehr angenommen“.

„Sie haben mit Kleintierzucht nichts zu tun“

Nach Satzung des Vereins entscheide zwar die Mitgliederversammlung über die Aufnahme neuer Vereinsmitglieder, einen förmlichen Beschluss der Versammlung oder eine schriftliche Bestätigung schreibe die Satzung aber nicht vor. Die Richter urteilten, es wäre im Ergebnis „unvertretbar“, die Mitgliedschaft abzulehnen, nachdem die Kläger über Jahre hinweg ihren Willen, Mitglied zu sein, eindeutig und nachhaltig bekundet hätten – unter anderem durch „den regelmäßigen Besuch der Vereinskantine“ sowie durch Anrufung der Schieds- und Schlichtungsstelle des Landesverbandes. An diese hatte sich die Gruppe um Rössle zunächst gewandt, dann erst ging die Angelegenheit vor das Amtsgericht und schließlich vor das Landgericht.

Bei Rössle und seinen Mitklägern handelt es sich um Leute, die selbst keine Kleintiere züchten, dem Verein aber trotzdem gern angehören wollten. Dagegen hatte der Vereinsvorsitzende Alfred Mages auch nichts einzuwenden, wie er sagt. Allerdings wollte er sie nur als passive Mitglieder ohne Stimmrecht zulassen, doch diese Unterscheidung gibt die Satzung nicht her. „Das sind Leute, die im Grunde mit Kleintierzucht nichts zu tun haben“, sagte Mages. „Unter Umständen könnten die aber den Verein unterwandern.“

Unerwünschte Personen

„Das Urteil des Landgerichts löst bei den aktiven Mitgliedern des Vereins absolutes Unverständnis aus“, teilt Rechtsanwältin Sigrid Fridrich, die den Verein vertritt, mit. „Ein Fehlurteil mit dem man leben muss. Nach den Grundsätzen der Vereinsautonomie wird sich der Verein weiter satzungskonform verhalten.“ Alle Ausschussmitglieder und eine überwältigende Mehrheit der Mitglieder stünden trotz des Urteils „massiv geschlossen hinter dem Vorstand, dem Ausschuss und insbesondere hinter dem ersten Vorsitzenden Alfred Mages“.

Fridrich: „Die Satzungs- und Vereinsautonomie, der Wille der Vereinsmitglieder des Kleintierzuchtvereins und der Gleichbehandlungsgrundsatz, verankert im Grundgesetz, wurden mit der Entscheidung des Landgerichts mit Füßen getreten zu Gunsten von Klägern, die den Vereinszweck Tierzucht und Tierschutz ausdrücklich nicht ausüben wollen.“ Die Kläger seien „personae non gratae“, zu Deutsch: unerwünschte Personen.

Der Streit geht weiter

Dazu zählen darf sich auch Rainer Salzer. Er streitet mit dem Vereinsvorsitzenden ebenfalls seit längerer Zeit. Im Dezember 2012 wurde Salzer in der Jahresversammlung als Mitglied vom Verein ausgeschlossen. Dagegen setzt er sich nun zur Wehr, auch vor Gericht. Schließlich seien bei der Versammlung nicht alle Mitglieder ordentlich eingeladen gewesen, argumentiert Salzer, der eine „Interessengemeinschaft Pro Kleintierzuchtverein Stammheim“ gegründet hat. „Wir von der IG Pro gehen davon aus, dass die jetzige Vorstandschaft ihre Konsequenzen ziehen wird und geschlossen zurücktritt“, lässt Salzer wissen. „Unabhängig davon werden wir sämtliche von dem jetzigem Ausschuss gemachten Beschlüsse seit dem Jahr 2007 anfechten.“ Davon tangiert sei auch die Jahresversammlung im Dezember 2012.

Der Streit geht also weiter: Am Mittwoch wird vor dem Amtsgericht darüber verhandelt, ob Salzers Rauswurf aus dem Verein unrechtmäßig war oder nicht.