Feuerbach oder die Innenstadt: In der Diskussion um den Bau einer neuen Moschee in Stuttgart, empfiehlt OB Fritz Kuhn den türkischen Muslimen, sich auf Feuerbach zu konzentrieren. Ein Neubau in der Innenstadt sei schwieriger.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - In der Frage, wo in Stuttgart eine große, repräsentative Moschee gebaut werden könnte, sei der Verband der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) gut beraten, sich auf das Projekt der Moscheegemeinde in Feuerbach zu konzentrieren und nicht auf ein im Bereich der Innenstadt gelegenes Gotteshaus. Diese Haltung hat Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) bei einer Diskussion in der Moschee an der Mauserstraße vertreten. Wenn dies „in einem überschaubaren Zeitraum“ gelingen solle, sei dies nur dort zu leisten, sagte der Oberbürgermeister, denn auf dem Areal der heutigen Moschee bestehe „schon Baurecht“. Im Bereich der Innenstadt sei es „wegen der Konkurrenz um den sehr knappen Raum schwierig, geeigneten Raum zu finden und zu finanzieren“, erklärte Kuhn.

 

Wie berichtet, gibt es im Verband Ditib, in dem Moscheegemeinden türkischstämmiger Muslime organisiert sind, verschiedene Positionen, wie man in Stuttgart beim Moscheebau weiter verfahren soll. Bahattin Akyildiz, der stellvertretende Vorstand der Feuerbacher Gemeinde, skizzierte bei der Veranstaltung der Stuttgarter Nachrichten nochmals das Vorhaben, dessen Kernelement eine moderne Moschee mit Sozialräumen insbesondere für die Jugendarbeit ist. Das Projekt ist mit acht Millionen Euro veranschlagt und soll bis in vier Jahren realisiert sein, erklärte Akyildiz. Zur Debatte über einen Moscheestandort im Bereich der Innenstadt merkte er ironisch an, man werde eine solche Fläche, auf der auch 1000 Parkplätze Raum finden müssten, natürlich „gerne nehmen, wenn wir sie von Herrn Kuhn kriegen“.

Ein Plädoyer für Religionsfreiheit und Toleranz

Erdinc Altuntas, der Vorsitzende von Ditib Württemberg, begründete das Votum des Landesverbandes für eine zentral gelegene Moschee damit, dass die Muslime sich nur auf diese Weise angemessen in der Gesellschaft präsentieren könnten. „Wir wollen nicht nur Integration, die haben wir schon hinter uns, wir wollen auch Partizipation“, sagte Altuntas. Mit der Idee einer zentralen Moschee habe man auch nicht die Pläne in Feuerbach unterlaufen wollen. Der Ditib-Landesvorsitzende kann sich durchaus auch zwei neue größere Moscheen in der Stadt vorstellen. Von den etwa 65 000 Muslimen, die in Stuttgart leben, stammen rund 35 000 aus der Türkei. Auch Kamal Ahmad, Sprecher der Ahmaadiyya Muslim Jamaat, in der in Stuttgart etwa 350 Muslime organisiert sind, die hauptsächlich vom indischen Subkontinent stammen, plädierte grundsätzlich für Moscheen in zentralerer Lage. „Begegnung und Teilhabe in der Gesellschaft kann nicht am Rande stattfinden“, sagte Ahmad.

Der Abend war in weiten Teilen ein Plädoyer für Religionsfreiheit und für die Vertiefung des interreligiösen Dialogs. Oberbürgermeister Fritz Kuhn sagte zu, dass die Stadt, wenn es bei einem Moscheeprojekt, das den baurechtlichen Vorgaben entspreche, Widerstand geben sollte, den Bürgern durchaus erklären werde, „was es mit dem Grundrecht auf Religionsfreiheit auf sich hat“. Zu einem offenen Dialog aber gehöre, dass man ehrlich auch über mögliche Konflikte spreche. Diese sieht Kuhn etwa bei der Frage, welche Rolle die Frau in der Gesellschaft hat. Vor dem Hintergrund der Terroranschläge von Paris und den Exzessen des IS in Syrien sagte Kuhn, es könne nicht sein, dass Muslime hierzulande deshalb unter einen Generalverdacht gestellt würden. Barbara Traub, Vorstandsprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, sagte, gerade vor dem Hintergrund dieser Ereignisse sei der bereits bestehende Dialog zwischen den Religionen notwendig. Auch Søren Schwesig, Stuttgarts evangelischer Stadtdekan, sprach sich für Toleranz und Dialog aus. Die Betonung des Gemeinsamen ist in dieser Lage auch für Erdinc Altuntas geboten. Zu radikalen Tendenzen im Islam sagte er: „Die das tun, haben ihre eigene Religion nicht verstanden und missbrauchen sie.“

OB rät zu deutschen Predigten, um Ängste abzubauen

Auch der gegen Ditib immer wieder erhobene Vorwurf, der Verband pflege eine zu große Nähe zum türkischen Staat, kam zur Sprache – etwa, dass die hier tätigen Imame in der Türkei ausgebildet werden und oft kein Deutsch können. Altuntas erklärte dies mit der historischen Entwicklung. Dies spare den Gemeinden auch erhebliche Kosten und habe vermieden, dass durch „falsche Unterweisungen“ radikale Strömungen entstanden seien. Oberbürgermeister Kuhn sagte, dass es aus seiner Sicht klug wäre, in Moscheen auch deutsch zu predigen, um in der Bevölkerung Ängste und Misstrauen abzubauen. Erdinc Altuntas räumte ein: „Langfristig müssen Imame her, die Deutsch können.“