Im Jugendrat haben Mädchen und Jungen zwischen 14 und 18 Jahren die Möglichkeit, sich für politische Anliegen einzusetzen. Bis zum 5. Februar laufen die Wahlen. Allerdings darf nicht in jedem Stadtbezirk gewählt werden.

Stuttgarter Norden - Im Café 13 an der Rennstraße 3 sind sie derzeit zu sehen: die 22 Kandidaten für den kommenden Jugendrat in Weilimdorf. Auf einem Wahlplakat, das an einer der Säulen in dem von Jugendlichen selbstverwalteten und geführten Treffpunkt befestigt ist, sind alle Bewerber abgebildet. In einem kurzen Statement erläutert jeder, warum er zur Wahl antritt und was seine Ziele sind.

 

In Weilimdorf haben sich 13 Mädchen und 9 Jungen für die Wahl aufstellen lassen. Eine von ihnen ist Melina Wagner. Die 17-Jährige hat schon eine Amtszeit als Jugendrätin hinter sich: „Ich bin schon zwei Jahre dabei.“ Sie habe neue Leute kennengelernt – aber auch mitbekommen, nach welchen Spielregeln die kommunale Politik funktioniert. Ein wichtiger Ansprechpartner und auch Verbündeter sei beispielsweise der örtliche Bezirksbeirat. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Mitglieder des Gremiums ein offenes Ohr für die Anliegen der Jugendräte haben. „Ich habe aber auch schon einzelne Bezirksbeiräte erlebt, die beharren auf ihrer Position und wollen keine andere Meinung zulassen“, sagt Melina Wagner. „Man sollte unsere Argumente schon ernst nehmen, auch wenn wir noch nicht so viel Erfahrung haben “, meint die 17-Jährige. Gelernt habe sie, auch bei kontroversen Diskussionen sachlich und gelassen zu bleiben. „Ich habe das Gefühl, ich kann meine Interessen überzeugender formulieren. Man wird dann anders wahrgenommen.“ Für die Nachwuchspolitikerin steht das schon lange geforderte Schwimmbad in Weilimdorf ganz oben auf ihrer politischen To-Do-Liste: „Mein Ziel ist es, dieses Projekt weiter voranzutreiben.“

Vier Jahre lang war Mert Öztürk Mitglied im Jugendrat Zuffenhausen. Mit seinen 20 Jahren ist der Zazenhäuser nun zu alt, um nochmals zur Wahl anzutreten. „Ich würde es wieder machen“, sagt der junge Mann. Schon während seiner Zeit als Schüler des Ferdinand-Porsche-Gymnasiums hatte er sich als Klassen- und Schülersprecher engagiert. „Ich wollte mein Engagement weiter ausbauen“, beschreibt er seine Motivation. Er finde es gut, Verantwortung für andere Jugendliche zu übernehmen. Das größte Projekt in der vergangenen Legislaturperiode sei das Aufstellen der Calisthenics-Geräte in der Rotweg-Anlage gewesen. Außerdem wäre es gelungen, den Zuffenhäuser Jugendrat zu stabilisieren und zu stärken. Man habe sich gut zusammengefunden, die künftigen Kandidaten seien bereits an ihre Aufgaben herangeführt worden. Als wichtigstes Thema stünde dabei die Integration junger Flüchtlinge an. Geplant sei unter anderem, im Kinder- und Jugendhaus einen Spielenachmittag für Flüchtlingskinder zu organisieren. Außerdem soll auch Kontakt zu denjenigen Flüchtlingskindern hergestellt werden, die ohne Begleitung hierher gekommen sind. „Mir hat die Arbeit als Jugendrat viel gebracht“, sagt Öztürk. Er habe gerne seine Meinung geäußert und so dazu beigetragen, politisch im Bezirk mitzuwirken. Etwas anderes sei natürlich auch nicht zu verachten gewesen: „Es hat extrem viel Spaß gemacht.“

In Stammheim wird kein Jugendrat gewählt – wieder nicht. Es haben sich nicht genügend Kandidaten gemeldet. So wird es auch in den kommenden beiden Jahren „nur“ eine Projektgruppe geben. „Wir machen mit der Gruppe einfach so weiter wie bisher und haben auch schon Verstärkung bekommen“, sagt Susanne Laufenberg. Die stellvertretende Bezirksvorsteherin kümmert sich in Stammheim um die Gruppe. „Interessierte Jugendliche sind jederzeit willkommen“, betont sie.

Einer dieser Jugendlichen ist Chris Köder. Seit zwei Jahren engagiert er sich in der Stammheimer Projektgruppe. Warum eigentlich? „Ich dachte, der Jugendrat ist eine gute Sache, um etwas Positives zu bewirken, und ganz ehrlich: Anfangs war auch die Aussicht auf Sitzungsgeld ein Anreiz“, sagt er. Zwar gibt es ein Budget für Projekte, weil Stammheim aber keinen ordentlich gewählten Jugendrat hat, bekommen die Jugendlichen der Projektgruppe auch keine Aufwandsentschädigung wie andere Jugendräte. „Dass es nun doch kein Geld gibt, ist auch nicht schlimm“, sagt Köder. „Schöner ist, dass wir auch Sachen erreicht haben.“ Als Beispiele nennt er die Unterführung, die für legale Graffiti freigegeben wurde, und die Verschönerung des Trafo-Häuschens am Sonatenweg oder die Mitarbeit zur Erneuerung der Fahrradstrecke bei der Turnhalle. „Ich hätte nicht gedacht, dass sich Dinge so einfach umsetzen lassen, wenn man Ideen hat und sich dafür einsetzt“, sagt er. Dass es in Stammheim nicht genügend Kandidaten gab, habe verschiedene Gründe: „Viele sind nicht interessiert, verbringen lieber ihre Freizeit mit Freunden, wollen rumgammeln oder müssen einfach für die Schule viel lernen“, sagt er. Auch wenn seine Freizeit manchmal knapp werde, will sich Chris Köder weiter engagieren. „Die Erfahrungen übertreffen meine Erwartungen, ich hätte zum Beispiel nicht gedacht, dass es so viel Spaß macht, den Kindergipfel zu moderieren.“

Bei Leonard Rzymann stand nicht nur der Spaßfaktor im Vordergrund. Die Erfahrung, Projekte gemeinsam auf den Weg bringen zu können, sei eine wichtige Erfahrung gewesen. Der 17-Jährige war im Jugendrat Feuerbach aktiv: „Es gab Erfolgserlebnisse, die auch dazu geführt haben, dass man als Gruppe enger zusammenwächst“, sagt er. Für unter 18-Jährige sei die Mitwirkung in dem Gremium praktisch die „einzige Chance, in der Legislative, politisch aktiv zu werden“, erklärt Rzymann. Doch was kann ein Jugendrat umsetzen? Wichtig sei, mit den Ideen auf den örtlichen Bezirksbeirat zuzugehen. „Einige Dinge haben wir wirklich gut hinbekommen“, zieht Rzymann ein positives Fazit. Gemeinsam mit der Robert-Bosch-Stiftung hat der Jugendrat Gestaltungsvorschläge und Ideen entwickelt, wie die Feuerbacher Stadtteilbibliothek für die Zielgruppe der Jugendlichen benutzerfreundlicher und attraktiver gestaltet werden könne. „Auch der Jugendstadtplan, den wir für Feuerbach entwickelt haben, kam sehr gut an“, sagt Rzymann. Bedauerlich sei, dass sich in Feuerbach diesmal nicht genügend Kandidaten gemeldet hätten.

Auch in Botnang hat es von der Kandidatenzahl nicht für eine Teilnahme an den diesjährigen Jugendratswahlen gereicht. Aber auch dort wird es eine Projektgruppe geben. Zwei neue Mitglieder stoßen hinzu, fünf altgediente Jugendliche bleiben dabei. Unter ihnen ist auch Igal Shamailov. Der Abiturient ist seit vier Jahren politisch aktiv: „Mein Ziel war es, das Umfeld in Botnang zu verändern und vor allem neue Freizeitmöglichkeiten für Jugendliche zu schaffen.“ Doch man dürfe nicht zu hohe Erwartungen haben. Es sei alles andere als leicht, etwas durch- und umzusetzen. Das sehe man beispielsweise an der Idee, einen gespendeten Baucontainer im Stadtbezirk aufzustellen, der einmal die Woche oder alle 14 Tage als Treff für Jugendliche dienen soll. Seit eineinhalb Jahren beschäftige man sich mit dem Thema. Eine Lösung gebe es noch nicht. „Wir bleiben dran“, verspricht Shamailov. „Wir haben ein sehr cooles Team. Es macht einfach viel Spaß, mit den Leuten zusammenzuarbeiten.“ Eine tolle Feier im Café intus für rund 300 Jugendliche und ein Fußballturnier habe man beispielsweise schon erfolgreich auf die Beine gestellt. Das soll aber noch lange nicht alles gewesen sein.