Urban Gardening – also das Gärtnern in der Stadt – liegt derzeit voll im Trend. Das wissen auch drei Start-up-Unternehmer aus dem Heusteigviertel: Sie verkaufen Weinkisten mit Kräutersamen und erklären, wie richtig gepflanzt wird.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Urban Gardening ist derzeit ein Trend. Auf vielen freien Flächen der Stadt wird gegärtnert, gepflanzt und begrünt, was das Zeug hält. Das Züblin-Parkhaus in Stuttgart-Mitte hat seit kurzem ein begrüntes Dach, auf dem sogar Bienen leben. Stuttgart ist auch die erste deutsche Stadt, die einen eigenen Urban Gardening-Beauftragten bei der Stadtverwaltung hat.

 

Benedikt Wagner, Bernhard Vogt und Sven Sulz sind mit ihrem Start-up-Unternehmen „baiardo“ auf diesen Trend aufgesprungen. Allerdings wollen sie nicht die Stadt an sich begrünen, sondern die Balkone und Küchen der Menschen. Seit Dezember vergangenen Jahres verkaufen sie alte Weinkisten mit Kräutersamen. Schnittlauch, Minze, Petersilie, Basilikum und Zitronenmelisse haben sie im Angebot.

Ein eigenes Unternehmen zu gründen, war das Ziel

Grünere Wohnungen hatten die drei Jungunternehmer zunächst nicht im Sinn. „Wir haben jetzt alle vom Job her keinen grünen Daumen“, sagt Sven Sulz. Ein Start-up zu gründen, eine eigene kleine Firma zu haben, sei allerdings schon seit dem Studium ihr Ziel gewesen, ergänzt Bernhard Vogt. Was fehlte, war die Idee.

Beim gemeinsamen Fahrradurlaub in Südfrankreich wurde diese dann geboren. In ihrer freien Zeit haben sich Wagner und Vogt ausführlich mit Kräutern beschäftigt. Über Anpflanzmethoden haben sie sich schlau gemacht, welche Pflanzen wie viel Wasser und wie viel Licht benötigen. „Wie man das als Ingenieur so macht, sind wir da total analytisch vorgegangen und haben am Ende ein Excel-Liste erstellt“, erzählt Benedikt Wagner, der gemeinsam mit Bernhard Vogt in Reutlingen Maschinenbau studiert hat.

Akribisch haben sie zu ihrer Idee recherchiert. Am Ende ist das Geschäftsmodell simpel: Die drei Jungs verkaufen alte Weinkisten mit Kräutersamen und geben Tipps und Anleitungen zum Anpflanzen in der eigenen Küche. Ausprobiert haben sie das alles natürlich selbst. Seit dem Sommer gleiche 2013 gleiche sein Balkon einer kleinen Gärtnerei, sagt der 27-jährige Wagner. „Da ist alles voll mit Kräutern und sogar Tomaten.“ Seine Wohngemeinschaft in der Heusteigstraße ist quasi der Firmensitz von „baiardo“. „Das ist der ideale Ort“, sagt Wagner. Denn er wohne mitten in der Stadt und habe auf seinem eigenen Balkon angepflanzt. Eben dort sollen die Kräuterkistchen später bei ihren Kunden landen.

Die drei Unternehmer haben alles zuerst selbst ausprobiert

Der 24-jährige Sven Sulz hat sich währenddessen bei Experten umgehört. Er hat zum Beispiel den Gärtner in seinem Heimatdorf Pliezhausen besucht und ihm vor Ort über die Schulter geschaut und sich Tipps geholt. So habe er dort gelernt, dass Schnittlauch nur mühsam wachse, sagt Sulz. Von dem Gärtner wisse er, dass viele Kunden nach dem fünften Versuch aufgeben und eine fertige Kräuterbox kaufen. „Und da kommen wir ins Spiel“, sagt Sulz und lacht.

Getestet haben sie ihre Idee zunächst im Freundes- und Bekanntenkreis. Da sei sie gut angekommen. Seit April ist der Online-Shop am Start. 42 Kisten haben die drei Nachwuchsunternehmer schon verkauft. Zur Verfügung stellen sie nach eigener Darstellung ein Komplettpaket mit Kiste und Samen, bei dem die Hobbygärtner nur noch mit dem Pflanzen starten müssen. Weinkisten zu verwenden, ist einerseits günstig: Diese Kisten werden häufig achtlos weggeworfen. „Dabei ist Holz so ein schönes Produkt“, sagt Sulz. Andererseits glauben die jungen Unternehmer, dass die Weinkisten ihre Kundschaft ansprechen: „Menschen, die Wein lieben, lieben gutes Essen.“

Alle drei gehen nach wie vor ihren Vollzeit-Jobs nach. Bernhard Vogt schreibt derzeit seine Dissertation im Fachbereich Medizintechnik, Sven Sulz hat Betriebswirtschaft studiert und arbeitet nun in einem IT-Unternehmen. Benedikt Wagner ist Trainee bei einem schwäbischen Automobilzulieferer . Das Start-up betreiben sie in ihrer Freizeit. „Es gibt Tage, an denen arbeite ich dann bis nachts um drei noch für baiardo“, erzählt Wagner.

Die verkauften Kisten haben sie selbstverständlich alle selbst zusammengepackt, mit Erde befüllt und versandt. Inzwischen sind die drei aber schon soweit, dass sie dafür kistenweise jemand anstellen können. Eine Rentnerin und eine Hausfrau sind nun mit im Boot.