In Stuttgart sollen „Acceleratoren“ genannte, neuartige Gründerzentren Ideen schneller voranbringen. Johannes Ellenberg hat mit Accelerate Stuttgart angefangen. Die Wirtschaftsinitiative BWCon und die Hochschule der Medien starten bald.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Gründer sollen in Stuttgart künftig kräftig durchstarten können. Gleich drei unterschiedlich strukturierte, neue Angebote sollen sie beim schnellen Weg auf den Markt unterstützen. „Acceleratoren“ nennen sich in der Startup-Fachsprache diese „Beschleuniger“. Sie sollen in einem straffen, systematischen Prozessverhindern, dass sich gute Ideen in zu langen Planungs- und Entwicklungsphasen verheddern, und erreichen, dass sie sich zügig entwickeln.

 

Für ein von der Wirtschaftsinitiative Baden-Württemberg Connected (Bwcon) betriebenes Programm namens Arena 42 läuft bis zum 20. Dezember die Bewerbungsfrist. Startzeitpunkt ist Februar 2016. Die Hochschule der Medien will in Kooperation mit der Universität Stuttgart, dem Fraunhofer-Institut und der Wirtschaftsförderer in Stuttgart und der Region ebenfalls einsteigen. Der genaue Beginn im Jahr 2016 steht allerdings noch nicht fest. Bevor es losgeht stehen noch Haushaltsentscheidungen an. Bei diesem Vorhaben sind mittelfristig die Ambitionen am größten: Bis zum Jahr 2018 soll für den „Gründer-Beschleuniger“ an der Hochschule sogar ein eigenes Gebäude entstehen.

Am weitesten ist das in dieser Woche offiziell eröffnete Gründerzentrum Accelerate Spaces auf dem ehemaligen Waldbaur-Gelände am Stuttgarter Feuersee. Es wird von einem in der regionalen Start-up-Szene seit mehreren Jahren gut vernetzten und auch als Organisatoren von Start-up-Wettbewerben in Baden-Württemberg engagierten Team um den Geschäftsführer Johannes Ellenberg betrieben. Das von der Firma Accelerate Stuttgart getragene Projekt ist insofern eine Besonderheit, als dass es zwar von der Wirtschaftsförderung Stuttgart und Unternehmen unterstützt wird, aber belegen will, dass das Projekt sich privatwirtschaftlich tragen kann.

Dazu sollen auch ergänzende Angebote wie Raumvermietung und Seminare beitragen. „Wir sind nicht nur selbst an den Start-ups beteiligt, sondern holen von Anfang auch private Investoren mit ins Boot“, sagt Ellenberg. Es soll für die Start-ups auch Patenfirmen geben, die den Gründungsprozess begleiten, und dabei etwa eigene Mitarbeiter in Start-up-Methoden schulen können. Hier ist für Firmen auch aktuell noch ein Einstieg möglich. Die Währung in der die finanziell meist klammen Gründer bezahlen, sind bei allen Konzepten Anteile an ihren Unternehmen. Wenn sie Erfolg haben, können dann auch ihre Förderer diese vergolden.

Wichtiger Baustein für eine Start-up-Kultur

„Acceleratoren“ gelten als entscheidende Bausteine, um die regionale Gründerkultur durch eine Start-up-Komponente zu bereichern. Bei Start-ups geht es im Gegensatz zu konventionellen Gründungen immer um Innovation. Das kann neue Technik, aber das können auch kreative Geschäftsideen sein. Vor allem aber steckt in diesen Gründungen das Potenzial, sehr stark zu wachsen. Ein „Accelerator“ ist deshalb mehr als ein Gründerzentrum. Die drei Stuttgarter Projekte werden ihre Gründerteams intensiv begleiten. Bei Accelerate Stuttgart sind es fünf, bei Arena 42 sind es drei – und an der Hochschule der Medien könnten es zehn Start-ups werden.

Zu den Programmen gehört eine penible Kontrolle der laufenden Fortschritte, Beratung beim Marketing und rechtlichen Fragen. Im Falle von Arena 42 kommt auch eine technische Beratung hinzu, die es am Ende erlauben soll, potenziellen Kunden oder Investoren einen Prototyp zu präsentieren. „Das muss aber nicht unbedingt ein technisches Produkt sein, es kann auch ein im Probebetrieb ausgetestetes Geschäftsmodell sein“, sagt Alexandra Rudl, die bei Bwcon Gründer in frühen Phasen betreut. Auch die Gründer des Modeversenders Zalando hätten zunächst getestet, ob Käufer überhaupt bereit waren, online Schuhe zu beziehen, sagt sie.

Alle Angebote richten sich an Start-ups in der Frühphase. Sie holen diese aber an unterschiedlichen Punkten ab. Bei Arena 42 geht um Start-ups in der Ideenphase. „Wir wollen die Konzepte auf Marktreife testen“, sagt hingegen Johannes Ellenberg von Accelerate Stuttgart. Die Betreuungskonzepte ergänzen sich also eher, als dass sie sich überlappen. Am Anfang steht immer ein Bewerbungsverfahren. Dann ist der Zeitplan straff. Bei Accelerate Stuttgart und dem von der Hochschule der Medien anvisierten Projekt sollen die Start-ups binnen eines halben Jahres für die nächste Stufe flügge werden oder die Grenzen ihres Projekts erkennen. Bei Arena 42, das Bwcon in Kooperation mit Partnerunternehmen betreibt, wird das Programm binnen drei Monaten absolviert.

Bei Accelerate Stuttgart reicht die erste, bereits gestartete Gruppe von Start-ups von einem Anbieter von Aktionsspielen bis zu einem Online-Shop für den Bedarf von Geschäftsreisenden. Dies sind Konzepte, für die in der bisher von auf Firmenkunden hin orientierten Gründerlandschaft in Stuttgart, weniger Platz war. Arena 42 setzt hingegen, auch durch den technologischen Fokus der Partnerfirmen bedingt, auf das Thema „Internet der Dinge“.

Der geplante Accelerator unter dem Dach der Hochschule der Wirtschaft wird ebenfalls vorgeben, dass die Gründer an einem technologischen Thema arbeiten - auch um an entsprechende Fördermittel der EU heranzukommen. „Bei uns können sich aber nicht nur Hochschulangehörige bewerben, auch wenn wir natürlich einen Schwerpunkt bei Gründern mit akademischem Hintergrund erwarten“, sagt Hartmut Rösch vom HdM Start-up-Center. Ob die Gründer aus dem Inland oder Ausland kommen, spielt auch bei diesem von öffentlichen Fördergeldern abhängigen Projekt keine Rolle. „Da spielen die Grenzen heutzutage keine Rolle mehr“, sagt Rösch.

Infobox: Was ist ein Accelerator?

Begriff
– Das Wort Accelerator kommt vom englischen Begriff „Beschleuniger“. Dies sind meist überschaubar große Gründerzentren, in denen nach einer rigorosen Struktur und engem Zeitplan innovative Unternehmen bis zur nächsten Etappe ihres Entwicklungsprozesses begleitet werden. Die Idee ist es, sich nicht allzu lange in Planungs- oder Konzeptionsphasen zu verlieren, sondern möglichst rasch die Geschäftsidee an der Realität zu messen.

Konzept
– Acceleratoren-Programme werden durch erfahrene Gründungsexperten begleitet, teilweise auch durch Technikentwickler, welche die Gründer nicht nur beraten, sondern durch stetige Zielvorgaben auch antreiben. Oft setzen die meist nur wenige Monate dauernden Programme in der Frühphase einer Gründung an. Aber sie haben oft auch bereits das Ziel einer Präsentation vor Investoren, die dann die Mittel für eine rasche Expansion aufbringen. age