Beim Startup Weekend geht es um Ideen, die noch in einem frühen Stadium sind. Das Event, das zum sechsten Mal in Stuttgart stattgefunden hat, soll potenzielle Gründerteams zusammenschmieden.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Das Startup Weekend Stuttgart lebt davon, in Teamarbeit, ohne Chefs und Hierarchien, kreative Ideen in Geschäftsmodelle zu verwandeln. Doch es hat auch seine Stars. In diesem Jahr hießen sie Adrian und Samuel; sie waren aus dem bayerischen Traunstein nach Stuttgart gereist. „Wir sind Developer für Java Script“, sagten sie selbstbewusst auf die Frage, was sie bei dem Innovationswettbewerb einbringen wollten – und heimsten damit zum Start den größten Beifall ein. Adrian und Samuel sind nämlich erst 14 und waren unter den 100 Teilnehmern an der Hochschule der Medien (HdM) mit Abstand die Jüngsten. Aber wegen ihrer Programmierkenntnisse waren sie begehrte Mitstreiter.

 

Ein Teilnehmer hatte bei einer zufälligen Begegnung mit den Eltern das Potenzial der Jungs erkannt, die sich seit dem zarten Alter von elf Jahren das Programmieren selbst beigebracht haben – und lud sie nach Stuttgart ein. Die beiden Schüler verkörpern die Offenheit und den Kooperationsgeist dieses zum sechsten Mal in Stuttgart und zum dritten Mal in Folge an der HdM veranstalteten Ideenwettbewerbs. Ganz am Anfang steht der Mut, in 60 knappen Sekunden seine Idee zu präsentieren, um sie mithilfe eines spontan zusammengestellten Teams in 54 Stunden harter Arbeit bis zu einem ersten Prototyp oder einem Geschäftsplan weiterzuentwickeln. Von 37 mit ein wenig Ermunterung durch die Moderatoren aus dem Publikum herausgekitzelten Konzepten schafften es nach einer Vorauswahl am Ende 16 in den Wettbewerb, der am Sonntagabend mit der Kür der besten Konzepte endete.

Eine globale Gemeinschaft

Die Eventreihe der Startup Weekends ist eine der wichtigsten Veranstaltungen der globalen Gründerkultur und in Stuttgart dank des Engagements des lokalen Vereins Startup Stuttgart fest verankert. Unterstützt wird das Startup Weekend von privaten Sponsoren und der Wirtschaftsförderung von Stadt und Region. Am selben Wochenende wie in Stuttgart fanden beispielsweise solche Ideen-Wochenenden auch in Mali, der Mongolei und in Afghanistan statt. „Jeder der hier teilnimmt, wird Teil einer weltweiten Gemeinschaft“, sagte Johannes Ellenberg von Startup Stuttgart. Auch Innovationsexperten von etablierten Konzernen wie der Daimler-Manager Christian Bauer, der als einer der zehn Berater und Mentoren für die Teams agiert, suchen hier nach Innovationsgeist und Inspiration. Es gehe ihm vor allem darum, in der Startup-Gemeinschaft dabei zu sein. „Ich finde das Umfeld gut und mir macht es Spaß, mit Startups zusammenarbeiten. Die meisten Ideen sind aber noch in einem zu frühen Stadium, als dass sich für uns ganz konkret Anküpfungspunkte ergeben,“ sagte Bauer, der sich bei Daimler um Unternehmenstransaktionen kümmert.

Aus einigen Ideen wird am Ende eine Firma

„Aus zwei bis drei der in den Wettbewerb startenden Ideen entwickelt sich am Ende tatsächlich ein Startup“, sagt Nils Högsdal, Professor für Unternehmertum an der HdM. So ist aus dem Sieger des Jahres 2013 die Stuttgarter Firma Virtual Q hervorgegangen, die mit inzwischen neun Angestellten durch ein besseres Management der Anrufe das lästige Warten in Telefonwarteschleifen bekämpft. Dem Umfeld der HdM angemessen, stammten auch in diesem Jahr viele der ursprünglich präsentierten 37 Ideen aus dem Bereich der Sozialen Apps: Sie reichten von einer Plattform, die Kochbegeisterte zusammenbringen will, über eine Erfahrungsplattform, die es per Video erlauben soll, die Lebenserfahrung anderer Menschen anzuzapfen, bis zu einer mobilen Anwendung, die nach dem Muster einer Dating App die Suche nach Mitbewohnern erleichtern soll. „Es gibt aber auch einen gewissen Trend zu mehr Hardware-Themen“, sagte Högsdal: Verkaufsautomaten für Lebensmittel, die Vermietung von Oldtimern oder das Erstellen von Business-Shirts aus schweißresistenten Sportmaterialien gehörten ebenfalls dazu.

Die Teilnehmer werden dabei auch immer ermuntert, ins reale Leben einzutauchen und nach den Bedürfnissen der Kunden zu fragen. Für das Team, das eine Vermietung von Oldtimern aufbauen will, war das erhellend. Nach dem Besuch eines Ausstellungshauses in Böblingen kam das Marktforschungsteam mit der Erkenntnis zurück, dass manche potenzielle Kunden, das Thema sehr schwäbisch-sparsam betrachteten: „Es gab da zum Teil unrealistische Preisvorstellungen, dass man für 150 Euro im Monat praktisch unbegrenzte Oldtimerfahrten haben kann“, sagte der HdM-Student Nino Müns, der bereits seit einigen Jahren eine Webagentur betreibt. Grund genug, um am Geschäftsmodell weiter zu feilen. „Das ist gerade das Faszinierende“, sagte sein Mitstreiter Oliver Siemes, der in Stuttgart Internationale Betriebswirtschaft studiert: „Du startest mit einer Idee - und dann kommt am Ende etwas ganz anderes heraus wie ein Oldtimer-Club oder ein Investmentfonds für alte Autos.“

Symbolische Preise

Netzwerk
Das Stuttgarter Startup Weekend reiht sich in ein weltweites Netzwerk ein. In den vergangenen Jahren sind daraus mehr als 1250 derartiger Events mit inzwischen fast einer Viertelmillion Teilnehmern in mehr als 120 Ländern hervorgegangen. Daraus sind nach Angaben der Organisation weltweit mindestens 800 neu gegründete Unternehmen entstanden.

Konzept Beim Startup Weekend geht es um Ideen, die noch in einem frühen Stadium sind. Ziel sind nicht unbedingt ausgefeilte Konzepte, sondern Inspiration und Ermutigung auf dem Weg zur Gründung. Die verliehenen Preise sind deshalb nur symbolisch. In den vergangenen Jahren lag der Schwerpunkt bei digitalen Themen etwa bei neuen Apps.

Organisation In Stuttgart wurde das Event von einem Team des Gründervereins Startup Stuttgart sowie von Dozenten und Studenten der HdM organisiert. In der Landeshauptstadt wird das Gründer-Wochenende alljährlich seit 2010 veranstaltet.