Porkfolio, das vernetzte Sparschwein, ist nur einer der Gags aus dem Reich des Internets der Dinge, die gerade in den USA kuriose Blüten treiben. Kaum eine Idee scheint zu ausgefallen, als dass sie nicht willige Investoren fände.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Welches der drei folgenden Produkte aus dem Reich des Internets der Dinge ist nur eine Satire? a) Porkfolio, das smarte Sparschweinchen, bei dem man mit einer Smartphone-App abfragen kann, ob eine neue Münze hineingeworfen wurde. b) Vessyl, der intelligente Becher, der nicht nur erkennt, was in ihn abgefüllt wurde, sondern auch Kalorien zählt und für den Nutzer daraus eine Gesundheitsbilanz errechnet. c) BookMk II, ein cleveres Lesezeichen, das jederzeit die aktuelle Seite auf das Smartphone übertragen kann, auf der man sich bei der Lektüre eines Buches gerade befindet.

 

Die richtige Antwort ist c) – das Lesezeichen ist die nicht ernst gemeinte Erfindung einer britischen Marketingfirma, die sich unter anderem mit Werbung für das Internet der Dinge beschäftigt, die aber auf einer Satire-Webseite namens www.theinternetofuselessthings.io inzwischen die Auswüchse bei diesem Modethema unter anderem mit fiktiven intelligenten Kloschüsseln oder smarten Rollläden karikiert. Das vernetzte Sparschweinchen hingegen kann man beim New Yorker Anbieter Quirky („Sonderbar“) bereits für 49,99 Dollar bestellen. Vessyl ist mit seinem für Anfang des Jahres 2015 angekündigten und mit einem Preis von 199 Dollar veranschlagten Becher zwar zurzeit im Verzug. Das Start-up-Unternehmen hat aber immerhin 3,5 Millionen Dollar Startkapital angesammelt und spricht von Vorbestellungen im Volumen von einer Million Dollar.

Untrügliche Zeichen einer Blase

Doch inzwischen fragt sich in den USA selbst das „Wall Street Journal“, ob der Finanzierungsboom für smarte, mit dem Internet vernetzte Gegenstände nicht ein untrügliche Zeichen dafür ist, dass wie bei der Interneteuphorie um die Jahrtausendwende ein Blase kurz vor dem Platzen steht. „Um zu wissen, ob ein Produkt oder Start-up unter diese Kategorie fällt, in der nach einem Aussiebeprozess sicher nur wenig übrig bleiben wird, reicht es auf einen einzigen Satz in den Marketingmaterialien zu achten: Das weltweit erste smarte XY.“, schreibt das Blatt –das einen ganzen Absatz brauchte, um einige tatsächlich in der Finanzierungs- oder Markteinführungsphase stehende Produkte aufzuzählen: „Die ersten smarten Socken der Welt, die erste smarte Zahnbürste der Welt, der erste Teller, die erste Tasse und Gabel, das erste Schneidebrett, der erste Herdknopf, das erste Hüpfseil, smarte Schuhe, Hemden, Aquarien, Bratpfannen. Und den ersten smarten Darmwinddetektor.“ Auch das letztere Projekt namens CH 4 (für Methan), das durch Auswertung des natürlichen Gasausstoßes zu gesunder und darmfreundlicher Ernährung ermuntern soll, versuchte auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter bereits 180 000 Dollar einzusammeln, verfehlte aber Anfang dieser Woche das Finanzierungsziel deutlich.

In den USA ist der Smartness-Boom bereits zum willkommenen Futter von Satireseiten wie „We put a chip in it“ („Wir haben einen Chip reingetan“) und TV-Satiresendungen wie dem Colbert Report geworden. Er blicke viel zu oft in die leuchtenden Augen von frisch gebackenen Unternehmern, die einfach ein Alltagsobjekt mit dem Internet verbinden wollten, sagt Ben Einstein, Chef des Bostoner Risikokapitalfonds Bolt, der sich auf die Finanzierung von Start-ups spezialisiert hat, die Hardware mit Software kombinieren. „Ich frage dann oft, ob diese Unternehmer schon darüber nachgedacht haben, das Probleme mit einer einfachen, nicht vernetzten Version zu lösen“. Allein die Tatsache, dass Sensoren und Internetverbindungen heute spottbillig sind, sei noch kein Argument.

Crowdfunding kann Marktchancen vortäuschen

Die inzwischen allgegenwärtigen Finanzierungsmöglichkeiten über so genannte Crowdfunding-Plattformen, auf denen man von einem interessierten Publikum Startkapital einsammeln kann, führten gerade im Bereich des Internets der Dinge häufig in die kommerzielle Sackgasse, heißt es in einer Analyse von Bolt: „Crowdfunding gibt nur Feedback dazu, wie viele Leute zahlen würden, um ein Problem zu lösen – aber nicht ob das Produkt dieses Problem tatsächlich löst.“

Dennoch ist die Zahl der Start-ups, die tatsächlich grundlegende technologische Probleme, wie die Verknüpfung von Geräten und Sensoren zu lösen versuchen, ebenfalls groß. Wie bei der ersten Internetblase um die Jahrtausendwende muss sich aber erst noch die Spreu vom Weizen trennen. „Das absehbare Scheitern der Mehrheit dieser Start-ups wird für den Rest der Technologieindustrie keine anderen Konsequenzen haben, als dass jede Menge talentierter Ingenieure, die etwa Erfahrung mit Darmwinddetektoren haben, für andere Aufgaben frei werden,“ schreibt das „Wall Street Journal“.