Auch der Ministerpräsident sorgte, als er noch Staatssekretär war, mit luxuriösen Dienstwagen für eine beschädigte Außenwirkung des Landtags.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)
Stuttgart - Die Empörung über Peter Straub war noch ganz frisch, doch die geplatzten Porsche-Träume des Landtagspräsidenten kamen in der jüngsten Sitzung des CDU-Landesvorstands nicht zur Sprache. Der Vorsitzende Stefan Mappus erregte sich vor allem über kritische Wortmeldungen zum Sparpaket, die der Partei angeblich schadeten. Zur automobilen Geisterfahrt des Parlamentschefs, die nach Meinung vieler Mandatsträger fraglos erheblichen Schaden angerichtet hat, verlor er kein Wort. Es handele sich um einen "abgeschlossenen Vorgang", ließ er seinen Generalsekretär Thomas Strobl ausrichten.

So ersparte sich Mappus immerhin, dass der eine oder andere Vorständler wissend grinste. Denn beim Thema Dienstwagen hat seine Autorität, um im Bild zu bleiben, leichte Kratzer. Erst vor wenigen Jahren offenbarte er dabei selbst einen gewissen Hang zur Größe - und einen gewissen Mangel an Instinkt. Damals, noch als Staatssekretär im Umweltministerium, löste er eine Diskussion aus, die sich über mehrere Jahre hinziehen sollte - und heute im Rückblick ziemlich überflüssig erscheint.

Im Kabinett galt seinerzeit, was die Staatskarossen anging, eine strenge Kleiderordnung: Minister fuhren Oberklasse, also Mercedes S-Klasse oder Audi A 8. Staatssekretäre gehobene Mittelklasse, also E-Klasse oder A 6. Dann jedoch bot Audi den eigentlich teureren A 8 aus Marketinggründen zu günstigeren Leasingraten an als den billigeren A 6. Mehr Komfort für weniger Geld, zusätzlicher Luxus als Sparbeitrag - ein Regierungsmitglied packte diese Gelegenheit, wie später bekannt wurde, sofort am Schopf: Stefan Mappus.

Gemeinsam mit dem damaligen Staatskanzleichef Rudolf Böhmler bearbeitete er Ministerpräsident Erwin Teufel, auch Staatssekretären den Aufstieg in die Oberklasse zu erlauben. Immerhin diene das der Entlastung des Landeshaushalts. Teufel zögerte eine Weile, weil er auch die Symbolwirkung bedachte: Was sollten die Bürger denken, wenn die Politiker trotz leerer Staatskassen in immer dickeren Autos vorfuhren? Aber schließlich ließ er sich von den beiden weichkochen und gab sein Plazet. Die Folge: Immer mehr Staatssekretäre wechselten eine Wagenklasse höher.

Die automobile "Kleiderordnung" ist wieder hergestellt


Doch Teufels Instinkt hatte nicht getrogen. Auch sein Nachfolger Günther Oettinger war nicht glücklich über die Außenwirkung. Zudem wünschten sich statusbewusste Minister eine sichtbare Abgrenzung zu den Staatssekretären. Weiterhin Luxuslimousinen für alle oder Rückkehr zur Zweiklassengesellschaft? Diese Frage, versprach Oettinger im Herbst 2005, werde er "bei nächster Gelegenheit im Kabinett zur Sprache bringen". Doch selbst bei dem drittklassigen, aber symbolträchtigen Thema zauderte er - vielleicht auch deshalb, um Differenzen mit seinem Dauerrivalen Mappus zu vermeiden.

Zwei Jahre lang wurde beraten und geprüft, wurde die Frage fast zum "running gag" bei den wöchentlichen Regierungspressekonferenzen. Dann, im Herbst 2007, gab es ein endlich Ergebnis: per "freiwilliger Selbstbeschränkung" verpflichteten sich die Kabinettsmitglieder, künftig wieder die frühere "Kleiderordnung" zu beachten. Bei der Rückkehr in die obere Mittelklasse, so schien es, ließen sich die Staatssekretäre indes reichlich Zeit.

Heute herrscht die neue, alte Bescheidenheit wieder ausnahmslos. "Derzeit nutzen alle Staatssekretäre ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse", teilte das Staatsministerium auf StZ-Anfrage mit. Und so soll es auch bleiben. Ministerpräsident Mappus, inzwischen Passagier einer gepanzerten S-Klasse ohne jede Preisgrenze, will die einst von ihm initiierte Lockerung nicht wieder revidieren, sondern es bei der bisherigen Klassen-Vorgabe belassen. "Sie hat sich sowohl mit Blick auf die öffentliche Wahrnehmung wie auch mit Blick auf den Aspekt der Wirtschaftlichkeit (beispielsweise Kraftstoffverbrauch) und Sparsamkeit bewährt", begründete das eine Regierungssprecherin.

Alles andere würde auch schlecht zur "Partei der kleinen Leute" passen, als die Mappus und Strobl die CDU gerne preisen. Nach der Vorstandssitzung gefragt, wie sich denn Straubs Porsche-Eskapaden mit diesem Anspruch vertrügen, antwortete der Generalsekretär: "Es geht uns um die Leute, die die Autos zusammenbauen, nicht um die, die sie fahren."