Seit Ende Januar ist Bildblog wieder aktiv. Im Gespräch erzählt der Gründer Stefan Niggemeier von „frischer Wut“ auf „Bild“ – und von Fehlern im System Onlinejournalismus.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart – Der vom Medienjournalisten Stefan Niggemeier gegründete Bildblog hat im Januar genug Spenden gesammelt, um aus der „verlängerten Winterpause“ zurückzukehren. Niggemeier hat beim Onlineportal Krautreporter mitgewirkt und zofft sich aktuell mit dem Kolumnisten Harald Martenstein.

 

Wir haben den 45-Jährigen in Stuttgart zum Gespräch getroffen.

Herr Niggemeier, nach welchem Muster wählen Sie die Fälle aus, die Sie kritisieren?
Bei meinem privaten Blog lasse ich mich einfach von eigenen Launen und Leidenschaften oder Leserhinweisen treiben. Beim Bildblog haben wir uns von Anfang an mit der ‚Bild’ auseinandergesetzt, weil das ein besonderes Medium ist, wo es besonders notwendig ist. 2008 haben wir gesagt: Wir öffnen das, weil es an andere Medien auch so viel zu kritisieren gibt. Mats Schönauer, der das jetzt macht, hat noch so eine frische Wut, der schreibt jetzt wieder mehr über die ‚Bild’ – weil er sich nicht wie ich schon zehn Jahre daran abgearbeitet hat.
„Bild“ macht einfach so weiter wie immer?
In vieler Hinsicht ja. Was sich aber verändert hat, ist das Umfeld der Kommunikation. Dass die Leute auf Twitter sind und auf uns reagieren, das gab es vorher nicht. Wir haben ja keine Maulwürfe in der Redaktion, greifen nur auf, was in ,Bild‘ zu lesen ist. Von der ‚Bild‘-Pressestelle bekamen wir fast nie eine Antwort. Aber plötzlich merkt man, wie die Leute ticken: Kai Diekmann versucht, alles auf so eine Witzebene zu ziehen. Und nachdem Harald Martenstein sich in seiner ‚Zeit Magazin‘-Kolumne über mich lustig gemacht hat, gab es so eine kleine La-Ola-Welle von ‚Bild‘-Mitarbeitern, Motto: ‚Endlich sagt’s mal einer!‘ Es sei ihnen gegönnt. Wenn man sieht, mit welchen Methoden die sich gerade wieder an Griechenland abarbeiten – da hat sich nicht wirklich was geändert.
Ein ernüchternder Befund.
Ich hoffe, dass wir die Wahrnehmung verändert haben. Dass das ein bösartiges Blatt ist, war nicht neu. Aber dass sie jeden Tag schlampen, das haben wir gezeigt. Die in der ‚Bild’-Redaktion finden es nicht toll, wenn sie bei Bildblog auftauchen. Wir sagen, dass ‚Bild’ kein harmloses Quatschblatt ist. Sondern dass da eine Hetze betrieben wird, auch gegen ganze Länder, da wird Menschen Unrecht getan. Wenn ich nicht glauben würde, dass man durch Kritik auch Dinge verändert, hätte ich als Journalist eh den falschen Job.