Der SPD-Kanzlerkandidat wettert im Bundestag gegen das Betreuungsgeld und übt schon mal für die Eroberung der weiblichen Wählerschaft.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Es ist von hoher Symbolkraft, dass der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bei einem seiner ersten Auftritte außerhalb seines angestammten finanzpolitischen Sachgebiets ausgerechnet bei einem frauen- und familienpolitischen Thema Flagge gezeigt hat. Denn in der SPD ist längst klar, dass die Zeiten, in denen Exkanzler Gerhard Schröder die Frauenpolitik noch einigermaßen ungestraft als „Gedöns“ abqualifizieren konnte, unwiderruflich vorbei sind.

 

Man kann sich darauf einstellen, dass Angriffe des Herausforderers von Angela Merkel auf das schwarz-gelbe Betreuungsgeld zu einem Wiedergänger im kommenden Bundestagswahlkampf werden. Erstens, weil die SPD das in der Sache richtig findet. Zweitens soll es den in Habitus, Auftreten und Programm bürgerlich wirkenden Steinbrück mit der Aura eines modernen Gesellschafts-, Frauen- und Familienbildes versehen.

Steinbrück kann bisher bei Frauen nicht recht punkten

Das ist ein Schritt, dem nach Einschätzung mancher Genossinnen noch viele folgen müssen, um die offene Frauenflanke des Kandidaten zu schließen: Umfragen zufolge kann Steinbrück bei den Bürgerinnen bisher nicht richtig punkten. Jüngst hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap ermittelt, dass 52 Prozent der Wählerinnen Merkel, aber nur 33 Prozent Steinbrück wählen würden. Eine andere Umfrage des Instituts ergab, dass zwar immerhin 44 Prozent der Männer Lust auf ein Abendessen mit dem SPD-Herausforderer hätten – aber nur 35 Prozent der Frauen. Darin wird in der Partei zwar kein Alarmsignal, wohl aber eine Aufgabe gesehen.

Dass man ohne die Zustimmung der Frauen Wahlen verlieren kann, hat zuletzt der republikanische US-Wahlkämpfer Mitt Romney erfahren. Mit hellem Entsetzen reagierte denn auch eine Familienpolitikerin der SPD-Fraktion, als am Rande des „roten Frauensalons“ von Journalisten die Frage aufgeworfen wurde, ob Steinbrück in Bezug auf die Wählerinnen eine deutsche Ausgabe Romneys werden könnte.

Eine rein männlich besetzte Mitarbeiter-Crew

Natürlich fiel der Genossin kein Grund ein, warum der Kandidat bei Frauen unbeliebt sein könnte. Aber es klang ein wenig angestrengt, als Vize-Parteichefin Manuela Schwesig bei der gleichen Veranstaltung bemerkte, sie verstehe die Behauptung von Medien nicht, dass Steinbrück die Frauen nicht anziehe : Der rote Frauensalon habe noch nie so viel Zulauf gehabt wie an diesem Abend mit Steinbrück als Stargast.

Der hörte sich die Berichte aus unterschiedlichen Sphären modernen Frauenlebens eine Stunde lang an. Dann fühlte eine Moderatorin ihm zehn Minuten lang auf den Zahn. Er räumte ein, dass er in Bezug auf die Frauenquote und auch bezüglich einer modernen Aufgabenteilung in der Familie „eine Lernkurve“ hingelegt habe. So machte er die ersten Schritte auf dem für ihn ungewohnten frauenpolitischen Parkett unter wohlwollender Beobachtung gestandener Genossinnen. Dass er seine frisch zusammengestellte Mitarbeiter-Crew rein männlich besetzte, ist den Parteifrauen aber unangenehm aufgestoßen. Elke Ferner, die Vorsitzende der einflussreichen Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, forderte denn auch, dass er im Schattenkabinett Halbe-Halbe machen müsse. Dem Kandidaten allein trauen die Genossinnen die Eroberung der weiblichen Wähler nicht zu. Dazu brauche Steinbrück weibliche Gesichter an seiner Seite.