Eine große Rolle in Ihrem Leben und Ihrer Karriere spielt sicherlich auch ihre persönliche Geschichte. Sie sind 1950 in Rumänien und damit im Sozialismus geboren worden. Wie schwer war der Alltag für Sie trotz oder vielleicht wegen Ihrer Erfolge als Spieler?
Ich würde jetzt lügen, wenn ich sage, dass ich einen schweren Alltag hatte. Ich hatte das große Glück, in eine gute Familie hineingeboren worden zu sein. Meine Mutter musste arbeiten. Also bin ich hauptsächlich von meinen Großeltern großgezogen worden, die vorbildlich waren und mich geprägt haben. Da hat es mir für die damalige Zeit an nichts gefehlt. Für den Ostblock war Rumänien in den 60er-Jahren das fortschrittlichste Land. Anfang der 70er hat sich dann aber abgezeichnet, dass sich dies ändern würde.

Sie haben dann mit dem Gedanken gespielt, das Land zu verlassen. Als Folge entzog man Ihnen 1971 den Pass und verweigerte Ihnen die Ausreise. Ihnen entging deshalb die Bronzemedaille, die Rumänen bei der EM in Mailand holte. War das der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte?
Nein. Wenn ich den Pass früher bekommen hätte, wäre ich schon früher abgehauen und hätte nicht einmal mehr die Olympischen Spiele abgewartet. So gesehen war das in der Retrospektive ganz gut, dass ich die Spiele 1972 in München mitgemacht habe - auch wenn ich es in dem Augenblick nicht so empfunden habe. Diese Erfahrung möchte ich nicht missen, denn das waren meiner Meinung nach die letzten freien Spiele, die es gegeben hat.

Warum?
Es war ohne Polizei, ohne Security, ohne Kontrollen. Es waren die letzten freien Spiele, bei denen du dich mit dem Publikum unterhalten konntest. Beim Einmarsch hast du die Leute abgeklatscht. Wenn ich das mit Peking vergleiche, muss ich sagen: Das war ein Hochsicherheitstrakt.

Und dann kam der 11. September 1972 ...
Das ist richtig. Meine Flucht war geplant. Es war so, dass wir ziemlich lange aufgeblieben sind. So bis drei oder halb vier morgens, weil es einen Fehlalarm im olympischen Dorf gab. Wir mussten alle auf unsere Zimmer gehen, wo wir geblieben sind. Ich war in der Früh um sieben Uhr mit dem damaligen deutschen Bundestrainer verabredet, damit er mich abholt. Die Frage war: Lege ich mich hin? Denn aufbleiben konnte ich nicht. Ich habe mich hingelegt und mir gesagt: Wenn ich rechtzeitig aufwache, hau ich ab, und wenn nicht, dann habe ich Pech gehabt.

Und sie sind…
Aufgewacht, bin runter und habe auf den Bundestrainer in der Lerchenauerstraße gewartet, bis er mich abgeholt hat.

Aber er kam zu spät, weil er verschlafen hatte.
Richtig. Wir haben uns kürzlich noch darüber unterhalten, als wir uns getroffen haben. Die Erinnerungen gehen ein bisschen auseinander, aber ich denke, ich war damals so voller Adrenalin, dass ich das auch heute noch richtig in Erinnerung habe.