Der US-Konzern General Electric streicht in Deutschland 1700 Arbeitsplätze. Besonders betroffen sind Mannheim und Stuttgart. Der Produktion von Gas- und Dampfturbinen droht das Aus. Die Wut ist groß.

Mannheim - Die Mitarbeiter haben Schlimmes erwartet. Doch als sie am Mittwoch Vormittag über die geplanten Maßnahmen informiert wurden, waren sie schockiert“, erläutert Benedikt Hummel von der IG Metall in Mannheim. Die schlimmsten Befürchtungen seien sogar noch übertroffen worden. Allein am Standort Mannheim will der US-Konzern General Electric (GE), seit Ende vergangenen Jahres Eigentümer der Energiesparte von Alstom in Paris, von den derzeit noch knapp 1800 Arbeitsplätzen 1070 streichen. Die Produktion von Gas- und Dampfturbinen steht vor dem Aus. Am Entwicklungsstandort Stuttgart sollen 255 von 380 Beschäftigte ihre Stellen verlieren. Und im saarländischen Bexbach droht die Schließung. Insgesamt sollen bundesweit 1700 Arbeitsplätze und europaweit mehr als 6800 Stellen dem Rotstift zum Opfer fallen.

 

GE begründet die Entscheidung mit den „seit längerer Zeit bestehenden Problemen bei der Wettbewerbsfähigkeit“. Die bisherigen Alstom-Geschäftsbereiche sollen „effizient“ in die Struktur von GE integriert werden, um damit „die Voraussetzungen für künftige Investitionen und Wachstum zu schaffen“, steht in einer Mitteilung des US-Konzerns. Dieser hatte im zähen Ringen – auch mit Siemens – Ende vergangenen Jahres die Energiesparte von Alstom für knapp zehn Milliarden Euro übernommen. Nun muss Alstom auch in Frankreich, dem Heimatland von Alstom, Federn lassen. Hier soll die Belegschaft zunächst um 700 Stellen schrumpfen; anschließend soll aber wieder ein Aufbau erfolgen. Das war der Deal des US-Konzerns mit der Regierung in Paris, damit diese der Übernahme zustimmt. Demnach will GE innerhalb von drei Jahren nach dem Closing im November 2015 – seitdem gehört die Energiesparte ganz offiziell zu den Amerikanern – netto 1700 neue Arbeitsplätze in Frankreich schaffen, erläutert Alf-Henryk Wulf, Chef von GE Power in Deutschland, im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung. Für kein anderes Land sei eine solche Vereinbarung getroffen worden – auch nicht für Deutschland.

Der Produktion droht das Aus

In Mannheim soll stattdessen die Produktion von Gas- und Dampfturbinen mit 500 Beschäftigten laut den GE-Plänen geschlossen werden. Betroffen ist zudem ein Teil der Stellen im Bereich Service und Verwaltung. „Zurück bliebe in Mannheim nur noch ein Rumpfgebilde ohne wesentliche Kernkompetenzen“, sagt Elisabeth Möller, die Konzernbetriebsratsvorsitzende von GE. Mittelfristig sehen die Vertreter der Arbeitnehmer die Standorte Mannheim und Stuttgart in Gefahr. „Sollte GE an seinen Plänen festhalten, steht der Firmenname künftig für Gierig und Einfallslos“, steht in der Mitteilung.

Der US-Konzern sieht den Grund für die Maßnahmen in der Marktentwicklung. In Stuttgart etwa sei das Projektmanagement für Großkraftwerke angesiedelt, erläutert Wulf. Den Rückgang in diesem Geschäft bezeichnet er als dramatisch. 85 Prozent des Marktes für die Kraftwerke sei in Asien, vor allem in Indien und China. Auf Europa entfalle noch ein Anteil von vielleicht fünf Prozent. Deshalb, so Wulf, müssten diese Kapazitäten zurückgefahren werden. Schwierig sei auch das Geschäft mit Gasturbinen, die in Mannheim gefertigt werden. Da dies ein relativ teurer Energieträger sei, würden die Turbinen als Puffer für erneuerbare Energien erst spät hochgefahren. Der Markt leide zudem an Überkapazitäten und sei deshalb hart umkämpft. In Mannheim wurde denn zuletzt auch kurzgearbeitet – statt einer wöchentlichen Verkürzung der Arbeitszeit, waren die Weihnachtsferien auf rund fünf Wochen verlängert worden. Dies verheißt nichts Gutes für den Standort.

Kundgebung auf dem Mannheimer Marktplatz

Gleich nachdem der US-Konzern seine Pläne am Mittwoch präsentiert hat, haben die Mitarbeiter denn auch ihren Unmut öffentlich kundgetan. Rund 1000 Beschäftigte sind zu einer Kundgebung auf den Mannheimer Marktplatz gezogen. Sogar der baden-württembergische Wirtschaftsminister Nils Schmid eilte kurzfristig an den Rhein. Er versprach den Versammelten die Unterstützung der Landesregierung. Wochen vor ihm hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel das Werk besucht. Die Vertreter der Arbeitnehmer wollen Druck aufbauen, damit GE seine Pläne zurücknimmt, denn über das Alternativkonzept für den Standort, das die Gewerkschaft vom Info-Institut in Saarbrücken erarbeiten ließ, wollte die Geschäftsleitung bisher nicht diskutieren.