Die Eidgenossen stellen Menschen an den Pranger, gegen die noch ermittelt wird. Das geht so nicht, meint StZ-Finanzkorrespondent Klaus Dieter Oehler.

Frankfurt - Man muss Francisco José Ortiz von Bismarck nicht kennen, aber der Ururenkel von Deutschlands erstem Reichskanzler Otto von Bismarck hat ein Recht darauf, wie jeder Bundesbürger behandelt zu werden. Daher ist es nicht gerecht, dass die Schweizer Steuerverwaltung seinen Namen im Zusammenhang mit einem Amtshilfeverfahren wegen Steuerhinterziehung auf einer öffentlich zugänglichen Internetseite veröffentlicht hat. Für von Bismarck und alle anderen auf dieser Internetseite genannten Namen muss in einer Demokratie die Unschuldsvermutung gelten. Nicht zu Unrecht sprechen daher selbst Politiker der Grünen, die sonst nicht als Freunde der Reichen gelten, von einem Pranger, an den vermeintliche Steuersünder von den Eidgenossen gestellt werden. Dies sei ein Verstoß gegen die Bürgerrechte, kritisiert der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold.

 

Natürlich ist Steuerhinterziehung strafbar. Doch gerade die Schweiz und ihre Banken haben über Jahrzehnte hinweg denjenigen einen Ausweg geboten, die ihre Einnahmen oder Vermögen am heimischen Fiskus vorbeischleusen wollten. Verhandlungen, unter anderem mit der deutschen Bundesregierung, haben lange keine Abhilfe schaffen können. Erst als deutsche Landesregierungen damit begonnen haben, auf durchaus zweifelhaftem Weg CDs mit Steuerdaten zu kaufen, hat sich die Schweizer Regierung zum Umdenken entschlossen. Doch nun geht sie einen Schritt zu weit. Anstatt ein Abkommen zu vereinbaren, wie man innerhalb Europas den Steuersündern auf die Spur kommen und möglicherweise auch eine Lösung für die Sünden der Vergangenheit finden kann, werden einfach Namen von Personen genannt, bei denen die Ermittlungen vermutlich erst am Anfang stehen.

Überraschend dabei ist, dass offensichtlich die US-Regierung in Washington mit den Schweizern eine Regelung gefunden hat, die ihre Staatsbürger besser vor diesem Pranger schützt: Von US-Bürgern dürfen nur die Initialien veröffentlicht werden, nicht aber der volle Name und das Geburtsdatum. Das entkräftet die Argumentation der Schweizer Behörde, dass man angeblich keine Adressen finden kann und deshalb die Öffentlichkeit sucht. Herr T. aus Amerika wird sich davon nicht angesprochen fühlen.