Vorstandschef Martin Winterkorn hat auf der Hauptversammlung Kritik an der geplanten raschen Übernahme des Autobauers Porsche durch VW zurückgewiesen. Aktionäre der Porsche Holding würden dadurch profitieren.

Stuttgart - V

 

orstandschef Martin Winterkorn hat auf der Hauptversammlung der Porsche Automobil Holding nachdrücklich für eine rasche vollständige Übernahme des Autobauers Porsche geworben. „Vom schnellen Zusammengehen von Volkswagen und Porsche würden alle Beteiligten profitieren“, sagte Winterkorn, der in Personalunion die Stuttgarter Holding und den VW-Konzern führt. Winterkorn zählte auf, dass die Aktionäre der Porsche Holding profitieren würden, weil die Dachgesellschaft durch die von VW gezahlten Milliarden für die zweite Porsche-Hälfte rascher entschuldet werden könnte. Zweitens könnten VW und Porsche früher noch enger zusammenarbeiten und rascher zusätzliche gemeinsame Projekte verwirklichen. Und drittens, so Winterkorn, würde auch der Fiskus profitieren, weil die beiden Autobauer damit höhere Erträge erwirtschaften könnten und damit auch mehr Steuern zahlen würden. „Der Staat würde durch die höheren Steuereinnahmen wesentlich profitieren“, sagte Winterkorn und betonte: „Porsche und Volkswagen waren, sind und bleiben gute, verlässliche Steuerzahler.“ Dafür erhielt er Beifall von den Aktionären.

Mit diesen Äußerungen ging Winterkorn allerdings mit keinem Wort darauf ein, dass dem Fiskus nach dem in den vergangenen Wochen durchgesickerten Plan von VW 1,5 Milliarden Euro Steuern entgehen werden, wenn der VW-Konzern für die Übernahme der zweiten Hälfte des Autobauers Porsche nicht nur mit Geld bezahlt, sondern der Porsche Holding zusätzlich eine einzige Aktie von VW gibt. Mit diesem Steuertrick wird die Transaktion nämlich nicht als Kauf, sondern als Umstrukturierung deklariert. Winterkorns Äußerungen beziehen sich vielmehr lediglich darauf, dass keine Steuern anfallen würden, wenn die zweite Porsche-Hälfte im Jahr 2014 erworben würde. Nur im Vergleich damit wäre eine frühere Übernahme für den Fiskus positiv, weil er zusätzliche Steuereinnahmen hätte, deren Dimension Winterkorn jedoch nicht bezifferte.

Der Vorstand hält sich bedeckt

Obwohl die Aktionäre zahlreiche Fragen zur geplanten Übernahme der zweiten Porsche-Hälfte stellten, ließ sich der Vorstand keine Details entlocken. Nahezu gebetsmühlenhaft wiederholte Winterkorn ebenso wie Finanzchef Hans Dieter Pötsch und Matthias Müller, der Chef des Autobauers Porsche, dass man intensiv geprüft habe, ob es wirtschaftlich sinnvolle Alternativen gebe, um den integrierten Automobilkonzern zügiger zu schaffen. Diese Prüfung sei aber noch nicht abgeschlossen. Es gebe noch keine Entscheidung von Vorstand oder Aufsichtsrat zu diesem Thema.

Sehr bedeckt hielt sich der Vorstand auch bei Fragen nach den zahlreichen Schadenersatzklagen, mit denen sich die Porsche Holding konfrontiert sieht sowie nach Details über die Satzungsänderung der Porsche Holding, die gestern beschlossen wurde. An der Zustimmung zu dieser Änderung bestand von Anfang an kein Zweifel. Denn das Sagen hat bei der Porsche Holding der Clan der Porsches und Piëchs, der 90 Prozent der Stammaktien hält. Den Rest der Stammaktien hält Katar. Die anderen Aktionäre müssen sich mit stimmrechtslosen Vorzugsaktien begnügen. Dies mag dazu beigetragen haben, dass trotz der heftigen öffentlichen Diskussion über den geplanten Steuertrick nur rund 3900 Aktionäre zur Hauptversammlung in der Stuttgarter Messe gekommen waren und sich bereits zur Mittagszeit die Reihen deutlich leerten.

Mehr Spielraum für die Porsche Holding

Die Satzungsänderung ermöglicht es der Porsche Holding, sich nach dem Verkauf der zweiten Hälfte des Autobauers breiter aufzustellen. Wichtigster Teil des Vermögens ist dann die Beteiligung in Höhe von gut 50 Prozent der Stammaktien von VW. Die von VW zufließenden finanziellen Mittel sollen nach der weiteren Entschuldung der Holding überwiegend für strategische Beteiligungen „entlang der automobilen Wertschöpfungskette“ verwendet werden. Bereits vor Jahren wurde in einer Grundlagenvereinbarung festgelegt, dass VW für die zweite Hälfte des Autobauers 3,9 Milliarden Euro zahlt. Die Nettoverschuldung der Holding betrug Ende des ersten Quartals 1,5 Milliarden Euro.

Mit der Satzungsänderung kann sich die Holding auch an Unternehmen beteiligen, die sich auch mit chemischen Erzeugnissen befassen. Damit könnte die Holding etwa bei Batterieherstellern einsteigen. Zudem kann sie sich nun auch bei Mobilitätsdienstleistern wie etwa im Carsharing engagieren sowie bei Unternehmen, die auf dem Feld der alternativen Energien aktiv sind. Denkbar wäre etwa die Beteiligung an Windparks.

Peter Maser von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz überkam angesichts dieser geplanten einschneidenden Veränderung bei der Holding „ein wenig Wehmut“, dass bald auf der Porsche-Hauptversammlung nicht mehr über die Modellpolitik wie etwa den 911er diskutiert werde, weil die Holding dann ein reiner Vermögensverwalter sei, bei dem nur noch über die Geldanlage debattiert werde. Maser wollte auch wissen, ob das Unternehmen Schadenersatzansprüche gegen den Aufsichtsrat und Großaktionär Ferdinand Piëch geprüft habe. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte Piëch Ende Februar eine schwerwiegende Pflichtverletzung attestiert, weil er sich keine Klarheit über die riskanten Optionsgeschäfte verschafft habe, mit denen der frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking VW erobern wollte. Das Unternehmen sieht jedoch keinen Anlass für eine Schadenersatzklage gegen Piëch, wie Finanzvorstand Pötsch berichtete. Dabei stütze man sich auf zwei renommierte Rechtsprofessoren, die diese Frage geprüft hätten.