Für die einen ist bloß ein bleibender Körperschmuck, für andere ist ihre Tätowierung der Ausdruck einer Lebenseinstellung. In jedem Fall sind Tätowierungen etwas fürs Leben. In unserer neuen Serie stellen wir Menschen und ihre Lieblingstätowierung vor.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Zuffenhausen - Meistens ruht der Drache gut versteckt in seiner Höhle, bleibt verborgen unter dem Stoff, den Michele Scannapieco auf seiner Haut trägt. Wer dem Zuffenhäuser Koch in seinem Alltag begegnet, würde nicht ahnen, dass er eine Tätowierung hat, die seinen gesamten Rücken und Teile seiner Oberschenkel bedeckt. „Ich möchte entscheiden, wann und wem ich meine Tätowierung zeige“, sagt der 37-Jährige. Eine knappes T-Shirt und kurze Shorts übergestreift, schon ist der Drache verschwunden.

 

Auf die Idee, sich tätowieren zu lassen, ist er vor einigen Jahren gekommen. „Meine Freundin hatte nach einer Fehlbehandlung durch einen Arzt einen Pigmentstörung an den Beinen“, erzählt der Zuffenhäuser. „Die farbigen Flecken hat sie sich mit einer großflächigen Blumen-Tätowierung auf Beinen, Po und Rücken überdecken lassen.“ Oft sei sie im Mittelpunkt des Interesses gestanden. „Da habe ich gedacht, ich lasse mir auch was stechen.“

Einen Mittelklassewagen auf dem Rücken

Zunächst waren es zwei kleinere Motive auf Michele Scannapiecos Schulterblättern: ein Totenschädel und ein Babykopf. „Die waren aber nicht besonders gut gestochen.“ Daraufhin habe er sich während seiner Kochlehre entschieden, sie überdecken zu lassen. Zunächst hatte er sich einen japanischen Samurai-Krieger mit Schwert, Rüstung und Rattenkopf als Motiv ausgesucht, sich dann aber umentschieden. „Der Samurai war mir zu grausam und blutrünstig, da habe ich mir den Drachen ausgesucht.“ Auch ein besonderer Tätowierer sollte die Arbeit machen. „Ich bin zu dem international bekannten Tätowier-Künstler Luke Atkinson nach Feuerbach gegangen, er hat einen Entwurf gemacht, der mir auf Anhieb gefallen hat.“ Der Drache sei ein klassisches japanisches Motiv und stehe unter anderem für Kraft, Intelligenz und sei ein Glücksbringer.

Es dauerte dann drei Jahre und oft stundenlange Sitzungen, bis das neue Bild vom blaugrauen Drachen mit den giftgelben Augen und den beiden Hörnern auf dem Schädel fertig war. „Es hat zum Teil auch ordentlich weh getan, besonders an den Stellen, wo die Haut dünn ist, an den unteren Rippen zum Beispiel.“ Ganz billig war das Vergnügen nicht. Den genauen Preis weiß Michele Scannapieco nicht mehr, aber einen Mittelklassewagen hätte man sich dafür schon kaufen können, sagt er. „Es ging mein gesamtes Lehrgeld dafür drauf, aber ich finde, es hat sich gelohnt“, sagt Scannapieco. Wer sich tätowieren lassen will, solle nicht knauserig sein, sondern lieber etwas mehr Geld für einen Fachmann ausgeben. „Dass ich tätowiert bin, habe ich noch nicht bereut, ich bedaure nur, dass ich bei den ersten Motiven nicht zu einem echten Könner gegangen bin.“

Moden ändern sich schnell, das Tattoo bleibt

Wer mit dem Gedanken spiele, sich ein lebenslanges Bild auf den Körper stechen zu lassen, dem empfiehlt er, sich bei der Entscheidung Zeit zu lassen und nicht nach der Mode oder einer Laune zu gehen: „Moden wie Sterne oder Tribals ändern sich schnell, und dann hat man die Tätowierung dennoch ein Leben lang.“ Generell stünde selbstverständlich jedem frei, was er sich auf den Körper stechen lässt und was nicht. „Ob jemand eine Tätowierung schön findet, oder nicht, liegt ohnehin im Auge des Betrachters.“