Karotten, Rote Bete, Süßkartoffeln: Was in einer Tüte Gemüsechips steckt, hört sich gesund an. Doch sind die trendigen Leckereien tatsächlich bekömmlicher als Kartoffelchips?

Stuttgart - Keine Frage, gute Chips haben Suchtpotenzial: Wenn man beim Fernsehen anfängt, die knackig-dünnen Leckerlis zu knabbern, kann man kaum damit aufhören, bevor die Tüte leer ist. Auch wenn danach angesichts der fettig-salzigen Finger das schlechte Gewissen kommt, der nächste Fernseh-und-Chips-Abend kommt bestimmt. Wären dann nicht Gemüsechips eine bedenkenswerte Alternative? Immerhin gilt Gemüse ja als besonders gesund. Aber ist das auch wirklich so? Die Stiftung Warentest hat in ihrem aktuellen Septemberheft „Test“ 15 gesalzene Gemüsechips-Mischungen geprüft. Mit ihrem Test liegt sie im Trend: Immer mehr Tüten mit chipmäßig aufbereiteten Karotten, Roten Beten, Süßkartoffeln und anderen Gemüsesorten bereichern die Regale mit Knabbereien in den Supermärkten.

 
Welche Chips schmecken am besten?
Die Note 1,0 beim Geschmackstest verleihen die Prüfer äußerst selten. Doch dieses Mal haben die Veggie Chips von Seeberger diese Traumnote bei der sensorischen Beurteilung erreicht. „Das sieht man bereits beim Aussehen – die Chips haben eine richtig kräftige Farbe“, schwärmt Julia Bongartz, die als Projektleiterin für den Test selbst kräftig mitgefuttert hat. Überzeugend für die Prüfer waren aber vor allem „ein kräftiger, aromatischer Geschmack und Geruch“, wie es im Testbericht heißt. Zudem waren die Veggies „wenig fettig, aber dennoch knusprig“. Insgesamt schnitten die Seeberger-Chips „gut“ ab (Note 1,7) – sie waren mit 4,15 Euro pro 100 Gramm aber auch das teuerste Produkt im Test. Ebenfalls mit „gut“ bewertet wurden die Veggie Chips von Funny Frisch für 3,20 Euro (Note 1,9) sowie von Trafo (Note 2,3) für 3,70 Euro.
Auf welche Produkte sollte man verzichten?
Die Gemüsechips von Netto, Svenska und Tegut wurden mit „mangelhaft“ bewertet – wegen bedenklicher Mengen an Acrylamid (siehe Infokasten). „Mangelhaft“ war auch das Produkt von Tyrrells, weil die darin enthaltene Rote Bete viel Nitrat enthält. Im Körper kann Nitrat zu Nitrit und dann teilweise weiter zu Nitrosaminen reagieren – und viele dieser Verbindungen gelten als krebserregend. 3,7 Milligramm Nitrat pro Kilogramm Körpergewicht am Tag hält die Weltgesundheitsorganisation WHO noch für sicher. „Futtert eine 60 Kilogramm schwere Person nur die Rote-Bete-Chips einer Tyrrells-Tüte, hat sie den Wert um fast das Doppelte überschritten“, stellen die Berliner Warentester fest.
Wie gesund sind Gemüsechips?
40 Prozent der Befragten halten Gemüsechips für gesünder als Kartoffelchips, 47 Prozent für vergleichbar. Das ist eines der Ergebnisse, die eine kleine, nicht repräsentative Umfrage der Stiftung Warentest im Internet (Test.de) ergeben hat. Sie erwarten vor allem, dass Gemüsechips weniger Salz und weniger Kalorien als Kartoffelchips haben. Weniger Salz stimmt: Je 100 Gramm sind es bei den Kartoffelchips im Schnitt 1,4 Gramm, bei den Veggies 1,0 Gramm – wobei hier die Spanne von 0,7 bis 1,5 Gramm reicht. Dafür enthalten die Gemüsechips weitaus mehr Zucker: bis zu 25 Gramm – bei den Kartoffelchips ist es weniger als ein Gramm. Das liegt daran, dass viele Gemüsesorten von Natur aus weitaus mehr Zucker als Kartoffeln enthalten – und die Konzentration erhöht sich noch, wenn das Gemüse getrocknet wird. Hinzu kommt, dass Gemüsechips sogar noch etwas fetter sind als Kartoffelchips: 37,4 Gramm pro 100 Gramm Veggie Chips gegenüber 32,8 Gramm. Das schlägt auch voll auf den Energiegehalt durch: 523 gegenüber 527 Kilokalorien für eine 100-Gramm-Tüte – was die leckeren Knabbereien zu echten Kalorienbombenmacht. „Ruhigen Gewissens können kalorienbewusste Menschen sie daher nicht essen“, resümiert Projektleiterin Julia Bongartz. Daran kann auch der gegenüber Kartoffelchips deutlich höhere Gehalt an Ballaststoffen nicht viel ändern. Und das alles zu teils happigen Preisen: Die Spanne im Test lag zwischen 1,49 und 4,15 Euro je 100 Gramm, im Mittel waren es 2,63 Euro. Da sind Kartoffelchips mit durchschnittlich 1,39 erheblich preisgünstiger.
Was ist der Unterschied zwischen den Chips?
„Scheibchen schneiden, Gemüsesorten einzeln frittieren, mischen, salzen, abpacken: Der Weg des Gemüses in die Tüte ähnelt sich bei den getesteten Produkten“, heißt es in dem Testbericht. Trotzdem schmecken drei Produkte „sehr gut“, während der Rest in der sensorischen Beurteilung nur „befriedigend“ abschneidet: Pappig, brandig, altes Fett lautet die Charakterisierung der unerwünschten Geschmacksnoten. Nach Meinung der Warentester könnte dies am Frittierverfahren liegen: Die Produzenten der drei Spitzenreiter im Test frittieren eigenen Angaben zufolge ihr Gemüse im Vakuum. So verdampft das Wasser bereits bei höchstens 130 Grad, während sonst das Sonnenblumenöl auf bis zu 160 Grad erhitzt wird. Die niedrigen Temperaturen schonen offenbar die Farben des Gemüses und machen es zudem schmackhafter. Hinzu kommt, dass dabei wohl auch weniger Acrylamid entsteht.