In Stillgruppen können sich junge Mütter Rat holen und mit anderen Frauen austauschen.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Feuerbach/Weilimdorf - In den Monaten, bevor ein Baby auf die Welt kommt, dreht sich für die werdenden Eltern alles darum, sich auf die Ankunft des neuen Erdenbürgers einzustellen. „Oft wird aber nur bis zur Geburt gedacht und nicht darüber hinaus“, sagt Charlotte Kobes. Sie leitet seit acht Jahren die Stillgruppe Feuerbach-Weilimdorf, die unter dem Dach der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS) geführt wird. Bei den monatlichen Treffen können sich werdende oder junge Mütter austauschen, über ihre Unsicherheiten sprechen und sämtliche Fragen stellen, die sie zum Thema Stillen bewegen. In geschütztem Rahmen kann auf Wunsch auch mal geschaut werden, ob das Kind richtig an die Brust gelegt wird. „Aber auch die Entwicklung der Kinder, Schlafprobleme und Beikost sind oft wichtige Themen“, sagt Charlotte Kobes.

 

Sie hat bei der AFS eine Ausbildung zur Stillberaterin absolviert. Und auch an praktischer Erfahrung mangelt es ihr nicht: Sie hat selbst drei Kinder zur Welt gebracht und jeweils ein Jahr lang gestillt. Probleme habe sie nur beim ersten Kind in den Tagen nach der Geburt gehabt. „Da habe ich im Krankenhaus zu viele verschiedene Ratschläge bekommen. Das war belastend“, sagt sie im Rückblick. Doch als sie angefangen habe, auf den ganz speziellen Rhythmus ihres Babys einzugehen und sich nicht mehr krampfhaft an die pauschalen Regeln gehalten habe, sei es besser geworden. „Es heißt zum Beispiel, dass man nie nur eine Brust geben soll. Aber meine Tochter ist immer nach der ersten eingeschlafen und wollte nach einer Stunde die zweite. So hat das dann prima funktioniert. Man muss einfach auf sein Kind schauen, welche Bedürfnisse es hat“, sagt Kobes. Jedes Mutter-Kind-Paar solle für sich herausfinden, welcher Rhythmus für sie beide passe.

Mut fassen durch eine Stillberaterin

Diese Erfahrung hat auch die Weilimdorferin Silvia Horr gemacht, die vergangene Woche beim Stilltreff vorbeigeschaut hat. Ihre beiden Zwillingssöhne sind 13 Monate alt – und das Stillen klappt inzwischen einwandfrei. Doch in den ersten zwei Monaten wäre sie fast verzweifelt. „Da habe ich morgens um 4 Uhr im Internet nach Stillberatung gesucht. Ich war drauf und dran, abzustillen“, erzählt sie. Eine Stillberaterin aus Gerlingen habe ihr dann zur Seite gestanden und Mut gemacht. „Seither läuft’s“, sagt Silvia Horr und lacht. Mittlerweile denkt sie sogar darüber nach, sich selbst zur Stillberaterin ausbilden zu lassen, um anderen Müttern mit ähnlichen Problemen zu helfen.

Dass bei vielen Frauen das Stillen anfangs nicht klappt, ist in den Augen von Silvia Horr kein neuzeitiges Problem. „Aber ich denke, früher wurde das in der Großfamilie abgefangen“, sagt sie. Dadurch, dass heute oft keine Verwandtschaft vor Ort sei, sei der Bedarf an Stillgruppen gestiegen. Die AFS, erzählt Charlotte Kobes, sei zu einer Zeit entstanden, als Stillen ganz außer Mode gekommen war. „In den 70ern war es ein Ausdruck von Emanzipation, nicht zu stillen“, sagt auch Silvia Horr. Heute müssten sich vielmehr jene Frauen rechtfertigen, die ihr Kind nicht an der Brust fütterten. Sie selbst ist überzeugt davon, dass Muttermilch das optimale Nahrungsmittel für Säuglinge ist: „Ständig verfügbar, optimal temperiert, kostenlos, keimfrei und mit Abwehrstoffen versehen.“ Abgesehen davon biete es den Kindern Wärme und Geborgenheit. „Aber wenn es nicht klappt, ist das Fläschchen auch in Ordnung“, betont Kobes. Rein biologisch seien aber 95 Prozent der Frauen dazu in der Lage.