Sting hat mit seiner Band in Stuttgart gespielt: ein 25jähriges Bühnenjubiläum als Solokünstler mit unbekannteren Titeln.

Stuttgart - Dass seine Stimme immer noch in Ordnung, ja, dass sie vielleicht besser denn je ist, das zeigt der sechzigjährige Gordon Matthew Sumner alias Sting noch einmal nachdrücklich in seinem allerletzten Zugabenstück „Message in a Bottle“. Es ist ein großer Hit aus der Police-Zeit, die vor jenen 25 Jahren Solokarriere liegt, die er jetzt feiert. Sting hat sich extra dafür ein Schemelchen aufbauen lassen, auf das er den Fuß setzt, um die Nylongitarre so zu spielen, dass es den 3200 Menschen im seit Langem ausverkauften Beethovensaal spanisch vorkommt. Solo. Soso.

 

Die Pose soll vielleicht bedeuten: Schaut her, ich bin Sting, der mit der unverkennbaren Stimme! Der Hinweis ist vielleicht auch nötig, hat er doch im Laufe der vergangenen Jahrzehnte, vorsichtig formuliert, manchmal irritiert mit seinem Lebenswandel. Dass er lange Jahre den Gutmenschen der Rockmusik gab, sich für Menschenrechtsorganisationen einsetzte und öffentlichkeitswirksam gegen die Rodung des Regenwaldes war, dass er gleichzeitig tausend Schlösser und riesige Anwesen rund um den Globus sein Eigen nennt: Man muss nicht nur bei ihm Person und Werk trennen. Sting und seine Musik.

Hinter dem Schloss

In der Ansage zum Titel „Fields of Gold“ nimmt er immerhin Bezug darauf, dass er hinter seinem englischen Schloss vor ein riesiges blühendes Hopfenfeld getreten ist und gedacht hat: da liegt ein Lied verborgen. Nicht jeder kann das. Er formuliert seine Ansagen teilweise sogar auf Deutsch, doch wirken sie etwas einstudiert formelhaft und könnten so jeden Abend an ein deutschsprachiges Publikum adressiert sein. „Back to Bass“ ist seine Tournee überschrieben, „Zurück zum Bass“: Das Kerngeschäft dieses Sting also, der zuletzt mit schwülstigen Orchesterversionen seiner Hits, mit vor großem Publikum vorgetragenen Lautenkapriolen und sich in großer Besetzung mit filigran akustisch arrangierten Liedern zur Winterzeit hervortat.

Nun geht’s ab mit einer neu formierten Band, in der der glänzend aufgelegte Schlagzeuger Vinnie Colaiuta und der exquisite Gitarrist Dominic Miller aus der langjährigen Besetzung übrig geblieben sind. Da Miller über 22 Jahre hinweg „die rechte Hand“ von Sting gegeben hat, durfte er auch seinen Sohn Rufus Miller gleich mit auf die Bühne bringen. Dieser spielt meist einen braven Part und geht seinem Vater ergänzend zur Hand. Neu sind die Sängerin und Geigerin Jo Lawry sowie der Geiger Peter Tickell. Beide treten anfangs kaum in Erscheinung, tragen dann aber im Verlauf des Konzerts mit Soli deutlich zu dick auf.

Gitarrenfreudiges raues Konzert

Die ihren Bass spielende, die Sänger begleitende Band spielt vor allem die etwas unbekannteren Stücke und hätte mit den Hits ihres Vorstehers deutlich mehr Begeisterung hervorkitzeln können. Das ehrt sie. Das ist edel. Es ist nicht die billige Art, die Sting da vorführt. Und die Stücke sind ja auch neu arrangiert.

So freut sich mancher anfangs bei „Demolition Man“ auf ein gitarrenfreudig raues Konzert. Dominic Miller spielt hier im Hendrix-Stil sehr rockbetont unter anderem ein scharfes Solo, während Colaiuta am Schlagzeug richtig aufdrehen darf und außergewöhnliche Klarheit mit verblüffender Effektivität kombiniert. Großartige Musiker sind sie, beide.

Etwas hat gefehlt

Doch dann legt sich die Aufregung zu Gunsten eines handwerklich gediegenen Klangbilds, aus dem sich Titel wie „Hung my Head“, „Fortress“ oder „Ghost Story“ herausschälen. Vor „Stolen Car“ erzählt der Musiker Sting die kurze Geschichte eines Limousinenbesitzers im vorgerückten Alter, der eine Affäre hat. Und vor „Inside“ schwadroniert er ein bisschen über die Liebe, die mal das Paradies, mal ein Inferno bedeuten könne: „Manchmal muss man das Risiko halt eingehen“.

Nun ja, das hatten wir nicht gewusst. Am Bass hält er sich trotz des Tourneemottos zurück, obwohl der Ex-Police-Mann Sting ja ein ausgezeichneter Musiker ist. Wir hören „Heavy Cloud“, das mit orientalisch-arabischen Geigenlinien bearbeitete Weltmusikversucherle „Desert Rose“, das rabaukige „Next to you“ und manches andere. Sting war da. Aber etwas hat gefehlt.