Guido Wolf muss um seine Nase fürchten und Heiner Geißler wird beim Stockacher Narrengericht „der gröbsten Fahrlässigkeit beim Sprengen, Schlichten und Putschen von Denkmälern aller Art“ schuldig gesprochen: So war der „Schmotzige Dunschtig“ im Land.

Stockach - Es dauerte keine fünf Minuten, da hatte Überlingens Oberbürgermeisterin Sabine Becker in ihrem eigenen Rathaus nichts mehr zu sagen. „Hiermit geben wir bekannt, die Stadt ist fest in Narrenhand“, rief Narrenvater Thomas Pross zum Fenster raus. Und Sabine Becker musste sich am „Schmotzigen Dunschtig“ wohl oder übel fügen: Bis Aschermittwoch ist sie abgesetzt, den Rathausschlüssel haben sich die Narren unter den Nagel gerissen. Und damit nicht genug: Auch „sämtliche Pappdeckel, der Weinkeller und die Amtskasse“ seien ab sofort der Narrenpolizei unterstellt, hieß es.

 

So wie in Überlingen erging es auch anderen Rathauschefs. In Villingen wurde Oberbürgermeister Rupert Kubon von den Warenbachhexen mit viel guter Laune auf die närrischen Tage eingestimmt. In Raststatt wurde Landrat Jürgen Bäuerle als Hippie zwangsverkleidet. Dann lasen die Narren ihm die Leviten.

Los geht’s in aller Herrgottsfrühe

Der „Schmotzige“ begann vielerorts in aller Herrgottsfrühe mit dem Wecken im Dorf. Dabei zogen die Mäschgerle lautstark lärmend mit Töpfen, Trompeten, Schalmeien oder auch ganzen Musikkapellen und Fanfarenzügen durch die Straßen. In Pfullendorf läuteten die Stegstrecker schon um 5.00 Uhr in der Früh die närrische Woche ein und zogen durch die Stadt und weckten die Narren. In Rottweil gehört der „Schmotzige“ traditionell den Schülern: Den ganzen Vormittag tummelten sich die kostümierten Kinder und Jugendlichen in der Innenstadt. Einer der Höhepunkte in der Rottweiler Fasnet folgt dann am Abend: Jedes Jahr drängen sich die „Bürgersleut“ in Sälen und Gaststätten und harren gespannt der „Schmotzigen“-Gruppen, die durchs Städtle und die Obrigkeit gehörig durch den Kakao ziehen.

In Stockach im Kreis Konstanz tagte am Abend die närrische Justiz. Das Stockacher Narrengericht verdonnerte Stuttgart 21-Schlichter Heiner Geißler zur Zahlung von drei Eimern zu je 60 Litern Wein. Der Beklagte wurde mit einem dicken Strick in die vollbesetzte Jahnhalle geführt, gab sich in seiner mehr als halbstündigen - frei vorgetragenen - Verteidigungsrede aber kämpferisch. Er wisse gar nicht, warum er vor das hohe Gericht geladen sei, sagte Geißler. Schließlich sei er immer für Schwarz-Grün gewesen - was ja auch die Farben des örtlichen Fußballvereins seien.

Guido Wolf muss um seine Nase fürchten

Die Klage klinge wie Stuttgart 21, sagte auch sein „Fürsprech“: „Falsch gedacht, unsauber gerechnet, dilettantisch gemanaged - kurzum unterirdisch.“ Doch alle Verteidigung half nichts. Geißler sei unter anderem der „gröbsten Fahrlässigkeit beim Sprengen, Schlichten und Putschen von Denkmälern aller Art“ schuldig, befand die 662 Jahre alte Fastnachtsinstitution. An das Gericht abgeliefert werden müssen die 180 Liter Wein „binnen weniger Wochen.“

In Meßkirch dürfte wiederum Landtagspräsident Guido Wolf um seine Nase fürchten müssen: Er war vom närrischen Nasenschleifergericht vorgeladen worden. Die Meßkircher Katzenzunft beruft sich auf ein jahrhundertealtes närrisches Privileg: In Gerichtsakten der fürstenbergischen Herrschaft wurde im 17. Jahrhundert verfügt, dass in der Fasnet alles umgekehrt sein soll - und so durften die Narren ihre Obrigkeit anklagen.