Die Kriminalstatistik birgt politischen Sprengstoff. Wer hierzulande Schutz sucht, darf bei Straffälligkeit nicht auf Toleranz hoffen, meint der StZ-Autor Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Wie sicher ist Deutschland? Das ist eine existenzielle Frage für jeden, der hier lebt – und sie ist politisch brisant mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf. Trotz akuter Terrorrisiken und einer Vielzahl gewaltbereiter Fanatiker ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Verbrechens oder gar eines Anschlags zu werden, kaum irgendwo geringer als bei uns. Dennoch hat die Verunsicherung zugenommen. Für ein vages Gefühl finden sich jetzt handfeste Belege: die aktuelle Kriminalstatistik birgt Sprengstoff.

 

Dabei geht es um die Straffälligkeit derer, die in Deutschland tatsächlich oder auch nur vorgeblich Schutz suchen. Während die Kriminalität insgesamt stagniert, schießt die Zahl der Straftaten nach oben, die auf das Konto von Flüchtlingen geht. Eine deutliche Zunahme bei den Gewaltdelikten ist vor allem ihnen anzulasten. Auf diesem heiklen Feld stieg die Zahl der deutschen Tatverdächtigen um ein Prozent, die der eingewanderten Delinquenten um 90 Prozent. Solche Kennziffern fügen sich wie Puzzleteile zu Vorurteilen und diffusen Ängsten, die mit dem Massenandrang an den Grenzen ohnedies einher gingen.

Flüchtlinge sind oft nicht nur Täter, sondern auch Opfer

Es lohnt sich, genauer hinzusehen. Das ist allemal vernünftiger als vorschnelle Pauschalurteile. Bei der Klientel, von der Rede ist, handelt es sich überwiegend um jüngere Männer – eine Risikogruppe, die eher auf die schiefe Bahn gerät als ältere Menschen, egal mit welchen Pässen sie ausgestattet oder wo sie zur Welt gekommen ist. Auffällig sind jedoch vor allem Einwanderer vom Balkan und aus Nordafrika. Für Vertriebene aus den Bürgerkriegsregionen des Nahen Ostens gilt das viel seltener. Und schließlich sind Flüchtlinge in vielen Fällen nicht nur Täter, sondern auch Opfer. Die meisten gewalttätigen Übergriffe, die ihnen zugeschrieben werden, geschehen in Asylunterkünften. Das mag an den beengten Verhältnissen dort liegen. Oder an dem Umstand, dass in solchen Heimen Religionen und Nationalitäten aufeinanderprallen, die nicht gut miteinander auskommen.

Solche Aspekte sind als Erklärung hilfreich, entschuldigen aber nichts. Wer nach Deutschland kommt, um hier Obhut zu suchen, weil er in seiner Heimat angeblich bedroht ist oder verfolgt wird, sollte sich gefälligst gesetzestreu verhalten und schon gar nicht gewalttätig werden. Das ist das Mindeste, was in Anerkennung der Gastfreundschaft erwartet werden darf. Es wäre allerdings ziemlich blauäugig zu glauben, dass unter den Flüchtlingen nur Gutmenschen sind und nicht auch Ganoven, Heißsporne, Glücksritter. Ähnlich blauäugig war die Annahme, sie seien überwiegend so gut ausgebildet, dass die meisten ruckzuck einen Arbeitsplatz finden.

Die Kriminalstatistik befeuert eine überfällige Desillusionierung

Die Kriminalstatistik befeuert eine Desillusionierung, die längst eingesetzt hat – selbst im Milieu der Willkommenskultur. In weniger willkommensbereiten Kreisen wird sie Unmut schüren. Das weit verbreitete Gefühl der Verunsicherung wegen anderthalb Millionen Einwanderern aus fremden Kulturkreisen binnen zwei Jahren beruht nicht auf Fake News oder schlichter Einbildung, es hat reale Ursachen. Die hatten sich schon abgezeichnet: mit dem Kontrollverlust an den Grenzen, der Einreise von Terroristen unter dem Deckmantel des Asylbedarfs, spektakulärer Verbrechen, begangen von Flüchtlingen – wie dem Mord an Maria L. in Freiburg.

Hysterische Reaktionen sind trotzdem nicht angezeigt. Auch bedarf es im Wahlkampf keines Überbietungswettbewerbs mit restriktiven Gesetzesideen. Die Ausweisung ausländischer Gewalttäter wurde bereits erleichtert, Abschiebehemmnisse wurden aus dem Weg geräumt – zumindest auf dem Papier. Für Flüchtlinge, die wirklich Schutz brauchen, offeriert die Kriminalstatistik dennoch eine Hiobsbotschaft. Die schwarzen Schafe in ihren Reihen verderben das gesellschaftliche Klima, das für Hilfsbereitschaft unerlässlich ist.