Die Nerven am Schulberg in Schwieberdingen liegen blank: seit die Hauptdurchgangsstraße zur Dauerbaustelle geworden ist, gibt es starken Schleichverkehr im Wohngebiet. Die Gemeinde gibt sich machtlos.

Schwieberdingen - Die Nerven am Schulberg in Schwieberdingen liegen blank. Seit die Gemeinde mit der Sanierung der Durchgangsstraße begonnen hat, nutzen Autofahrer die beschauliche Ecke rund um die evangelische Kirche als Schleichweg, um schneller nach Hemmingen oder zum größten Arbeitgeber im Ort, zur Firma Bosch, zu kommen. Dabei ist die kleine Kreuzung schmaler Gässchen nicht für starken Durchgangsverkehr ausgelegt. Janine Schmidt ist Anwohnerin und erlebt nach eigenen Angaben seit Beginn der Baustelle Ende Juli tägliches Chaos hier: „Autos fahren hier rein, wenden am Brunnen, weil sie nicht weiter wissen oder bleiben in den Gassen wegen Gegenverkehr stecken. Man hupt sich an und beschimpft sich“, schildert sie die Situation.

 

Ein Nachbar habe die Autos gezählt, die stündlich an der Kirche vorbeifahren. Bevor es die Baustelle gab, seien es 25 pro Stunde gewesen, danach 230. Nachprüfbar ist das freilich nicht, aber ein Zeitraffer-Video vermittelt einen Eindruck von der Situation. Laut Verkehrszählung der Gemeinde fahren normalerweise täglich etwa 14 500 Autos die Stuttgarter Straße entlang, darunter auch viele Auswärtige und Pendler. Die müssen sich nun einen anderen Weg suchen.

Manchem Autofahrer ist die offizielle Umleitung zu langsam

Die offizielle Umleitung ist die Hermann-Essig-Straße im Süden. Doch offenbar geht das manchem Autofahrer zu langsam. „Eine vernünftige Umleitungsbeschilderung kam auch erst drei Wochen nach Beginn der Baustelle und erst durch unseren Druck zustande“, sagt Sonja Glock. Tatsächlich stehen mehrere Sackgassenschilder an den betreffenden Straßen Am Schulberg und der Eugen-Hermann-Straße – doch offenbar hält sich nicht jeder daran. Die Gemeinde gibt sich machtlos: „Dass sich zahlreiche Autofahrer nicht an die Vorgaben halten, lässt sich leider nie ganz ausschließen“, sagt die Ordnungsamtsleiterin Carmen Hirsch.

Sie weist auch die Kritik von sich, dass die Gemeinde nichts tue, um den Schleichverkehr einzudämmen. Beispielsweise fänden, entgegen der Meinung der Anwohner, regelmäßige Polizeikontrollen in dem Gebiet statt. Die Forderung der Anwohner, aus Holdergasse und Hirschstraße eine Einbahnstraße zu machen, lasse sich jedoch nicht umsetzen. Die Anwohner haben sich auch an den Bürgerbeauftragten des Landes gewandt. Auch seine Antwort hierzu fällt negativ aus: Not- und Rettungsfahrzeuge müssten dort ebenso noch durchkommen wie die Müllabfuhr. Mitte September gab es einen Vor-Ort-Termin mit Mitarbeitern der Gemeinde, des Landratsamtes sowie der Verkehrspolizei mit dem Ziel, Vorkehrungen zur Eindämmung des Schleichverkehrs zu erarbeiten.

Die Anwohner wollen nicht aufgeben

Zum einen wurden für Schüler – der Schulberg ist, wie der Name sagt, auch ein Schulweg – orangefarbene Fußstapfen auf den Gehweg geklebt, um sicherzustellen, dass die Kinder nicht auf der mittlerweile stark befahrenen Straße gehen. Zum anderen wurde eine Zufahrtsstraße verengt, um sie für den Durchgangsverkehr unattraktiver zu machen. Laut Anwohner ist dieser Effekt jedoch ausgeblieben: „Jetzt staut es sich noch mehr“, sagt Janine Schmidt. Insgesamt halten die Anwohner die Lösungsvorschläge der Gemeinde für „ignorant uns gegenüber“, wie Sonja Glock findet. Sie vermutet, dass die Verwaltung ausweiche und beschwichtige, „in der Hoffnung, dass wir bald aufgeben. Das tun wir aber nicht“.

Das Projekt

Zahlen Die Gemeinde saniert die 1,2 Kilometer lange Strecke innerhalb von zwei Jahren in sieben Abschnitten. Das kostet insgesamt 8,9 Millionen Euro. Der betroffene Streckenabschnitt wird halbseitig gesperrt, die Zufahrt ist nur Anliegern gestattet.

Projekt Der Bürgermeister Nico Lauxmann spricht vom „größten und wichtigsten Infrastrukturprojekt der Gemeinde, das das Gesicht unserer Gemeinde verändern wird“. Die Baustelle sei eine „Belastungsprobe für Gewerbe und Anwohner“, heißt es im Schwieberdinger Amtsblatt.