Auch im Kreis Göppingen stehen viele Eltern vor verschlossener Kindergartentür – und müssen sogar für die nicht servierten Mahlzeiten ihrer Kinder bezahlen. In Göppingen könnte sich das ändern, in Geislingen wohl eher nicht.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - So etwas nennt man wohl schlechtes Timing: Überall streiken die Erzieherinnen, die Kitas sind geschlossen. Doch im Geislinger Gemeinderat geht es am Abend um die alljährliche Gebührenerhöhung. Um fast drei Prozent sollen die Elternbeiträge in diesem Jahr steigen. So empfiehlt es der Städtetag. Viele Eltern, die auch am Dienstag ihre Kinder nicht wie gewohnt in den Kindergarten bringen konnten, sondern sie möglicherweise kostspielig anderweitig betreuen lassen mussten, dürften dies als Hohn empfinden. Rund 100 Euro pro Monat zahlen sie im Regelkindergarten für eine Leistung, die sie derzeit nicht in Anspruch nehmen können.

 

Sollte man ihnen da nicht eher Geld zurückgeben als ihnen noch tiefer in die Tasche zu greifen? Genau diese Diskussion wird in Göppingen geführt. Der SPD-Fraktionschef Armin Roos ist bereits vorgeprescht. Die Stadtverwaltung möge prüfen, ob den Eltern die Beiträge für die Streiktage gutgeschrieben werden könnten. Zuvor hatte bereits die Fraktionsgemeinschaft aus Linken und Piraten (LiPi) das stille Abkassieren kritisiert. Die Stadt profitiere vom Streik, stellte der Piraten-Stadtrat Michael Freche fest. „Sie muss keine Gehälter mehr an die Erzieherinnen zahlen, erhält aber weiterhin die Elternbeiträge.“ Selbst die Gebühr für die Verpflegung der Kinder lasse sich die Stadt weiterhin überweisen.

Ein Streik ist wie höhere Gewalt

Juristisch ist sie mit dieser Praxis auf der sicheren Seite. In der Antwort auf eine Anfrage der LiPi-Fraktion verweist das Referat für Kinder und Jugend auf die entsprechenden Passagen der Gebührensatzung. Dort heißt es, dass die Benutzungs- und Verpflegungsgebühren auch bei vorübergehender Schließung durch eine Betriebsstörung, Sreik oder höhere Gewalt zu entrichten seien.

Politisch könnte der Fall aber anders liegen. Sollte sich die Stadtverwaltung gegenüber dem SPD-Antrag bockig zeigen, könnte es im Gemeinderat dennoch eine Mehrheit dafür geben, ist Roos zuversichtlich. Denn auch der CDU-Fraktionschef Felix Gerber hegt Sympathien für eine Entschädigung der Eltern. „Man sollte darüber nachdenken“, sagt GErber Er habe Roos bereits für seinen Vorstoß gelobt.

Die Rathausmitarbeiter fürchten den Aufwand

Nicht nur bei den Kämmerern, sondern auch in den betroffenen Dienststellen führen solche Überlegungen zu Nervosität. „Ich kann die Eltern verstehen, die Geld zurückhaben wollen“, sagt eine Mitarbeiterin des zuständigen Amtes. Bisher habe sich aber erst eine Mutter gemeldet. Zudem würde eine Rückerstattung von Gebühren sie und ihre Kollegen vor große Probleme stellen. Ein Kind würde nur vormittags betreut, ein anderes ganztägig, das dritte an drei Tagen in der Woche. Für jedes würden unterschiedliche Gebühren fällig. Man müsse also jeden Fall genau prüfen. „Der Aufwand ist enorm.“

Außerdem habe in Ebersbach ja eine Notfallgruppe zur Verfügung gestanden. Darauf verweist auch Jonica Sperling von der Stadt Geislingen. Lediglich acht Kinder seien dort abgegeben worden, es habe noch etliche freie Plätze gegeben. Deshalb werde es wohl im Geislinger Gemeinderat auch keinen Antrag auf Rückerstattung geben, vermutet der SPD-Stadtrat Sascha Binder. „Wichtiger ist, dass sich die Tarifparteien endlich einigen“, sagt Binder. Dann bliebe die Zahl der Ausfalltage auch überschaubar.

Und doch solle man den Eltern etwas zurückgeben, findet der Göppinger CDU-Chef Gerber. Das gehe auch ganz unkompliziert: „Wir könnten jeder Einrichtung einen Pauschalbetrag überweisen, über den der Elternbeirat bestimmen kann.“