Die Post AG bestätigt, während des vierwöchigen Arbeitskampfes von Verdi Erwerbslose für Streikbrucharbeiten angeheuert zu haben – auf freiwilliger Basis. Sie wehrt sich aber gegen den Vorwurf, gegen Meldepflichten bei der Agentur für Arbeit verstoßen zu haben.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der vor einer Woche beendete vierwöchige Arbeitskampf bei der Post schlägt weiter Wellen. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Kritik, Erwerbslose zur Bewältigung der Streikfolgen eingesetzt zu haben. Zugleich soll die Post der Bundesagentur für Arbeit den unbefristeten Ausstand nicht korrekt angezeigt haben. Vor allem in Baden-Württemberg sei es zu Versäumnissen gekommen.

 

Ans Licht gebracht hat dies eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Laut der Antwort des Arbeitsministeriums (die der StZ vorliegt) an die Fraktionsvize Sabine Zimmermann wurden im Südwesten lediglich 14 Warnstreiks von den Niederlassungen angemeldet, aber kein unbefristeter Ausstand – obwohl bis zu 4200 Postler beteiligt waren. In anderen Ländern wurden bis zu 161 unbefristete Streiks angezeigt.

„Erwerbslose dürften nicht als Streikbrecher missbraucht werden“, rügt Zimmermann unter Hinweis auf das Sozialgesetzbuch III. Zudem fordert sie härtere Strafen. Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht wird bislang mit einer Geldbuße von bis zu 2000 Euro geahndet. Bevor die Post zahlen muss, prüft die Bundesagentur für Arbeit (BA) jedoch, was schiefgelaufen ist. Warum die Mängel speziell in Baden-Württemberg festzustellen sind, kann der Sprecher der BA-Regionaldirektion nicht sagen. Die Führungskräfte seien angehalten, ihre Teams sofort darüber zu informieren, sobald ein Unternehmen einen Streik angemeldet hat. „Wenn es von dort Stellenangebote gibt, müssen die Arbeitsvermittler die Kunden fragen, ob sie sich trotz des Streiks bewerben wollen – dann hat der Arbeitnehmer die Wahl.“ Wenn er die Chance dennoch nutzen wolle, könne er sich bewerben – aber „da ist kein Zwang dahinter“, so der BA-Sprecher. Es gebe dann keine Sperrzeiten. Niemand werde gegen seinen Willen für Streikbrucharbeiten vermittelt. Nur im Einzelfall könne es vorkommen, dass ein Hinweis an den Kunden unterbleibe.

Post AG versichert: Noch keine Mahnung erhalten

Die Deutsche Post AG weist die Vorwürfe zurück. Die Streiks würden rechtskonform bei den Agenturen für Arbeit angezeigt. „Es sind derzeit keine Fälle bekannt, in denen eine Anzeige nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erfolgt ist“, heißt es in der Stellungnahme. Sofern es aufgrund der Ausnahmesituation zu Fehlern gekommen sei, „bedauern wir dies“. Es lägen aber keine konkreten Nachfragen oder Mahnungen der Bundesagentur für Arbeit vor. Im Übrigen stehe es jedem Bewerber frei, ein Beschäftigungsverhältnis bei der Post zu begründen. Wenn er während des Streiks eingestellt wurde, respektiere die Post das Streikrecht; jeder Arbeitnehmer könne sich beteiligen oder nicht.

Die Gewerkschaft Verdi bestätigt jedoch die Angaben des Arbeitsministeriums. Die Post habe viele Leihkräfte, Werkverträgler und Aushilfen im Arbeitskampf eingesetzt, ohne die Betriebsräte ausreichend zu beteiligen, schildert Bereichsleiter Andreas Henze. „Das blieb im Bereich des Nebulösen – keiner von uns wusste richtig, was der Arbeitgeber konkret macht.“ Ihm sei aber kein konkreter Fall bekannt, wonach ein Erwerbsloser gegen seinen Willen in einen Streikbetrieb vermittelt worden sei.

Die Linkspartei drängt die Bundesregierung zudem, den Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher generell zu verbieten, wie dies nach Verdi-Erkenntnissen in einem Teil der Brief- und Paketzentren passiert sein soll. Entsprechende Gesetzesinitiativen seien „mehr als überfällig“, mahnt Sabine Zimmermann. Union und SPD hatten sich darauf bereits im Koalitionsvertrag verständigt. Das Bundesarbeitsministerium kündigt in seiner Antwort an die Linke noch für dieses Jahr einen Referentenentwurf an, wonach das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Leiharbeitskräfte künftig prinzipiell davor schützen soll.