Das idyllische Gewässer im Schwarzwald ist ein Energiespeicher, aber zugleich auch ein Paradies für Badefreunde und Segler. Das sorgt vor allem in den Sommermonaten für Konflikte.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Schluchsee - Rauf und runter – so geht es zu beim Schluchsee. Mit billigem Nachtstrom wird Wasser aus dem Hochrhein bei Waldshut 620 Meter hoch in den Schwarzwald gepumpt. Der See – vor fast 90 Jahren noch ein kleines Gewässer im Bett des Abtalgletschergrabens in der Nähe des Feldbergs – ist der zweitgrößte Speichersee Deutschlands. Nur dazu wurde zwischen 1929 und 1932 das Flüsschen Schwarza durch eine 63,5 Meter hohe Staumauer am unbekümmerten Weiterfließen nach Südosten gehindert. Denn das Wasser wird – je nach Bedarf – wieder ins Rheintal abgelassen, über die Turbinen von drei Kraftwerken, um Strom zu erzeugen. Über 500 Megawatt-Stunden jedes Jahr.

 

Das funktionierte lange Zeit gut, doch seitdem der Tourismus den See erobert hat gibt es im Sommer zunehmend Konflikte zwischen den Interessen des Schluchseewerkes einerseits sowie den Anrainergemeinden, Seglern, Anglern, Gastonomen und Hoteliers andererseits. „Bei uns leben alle direkt oder indirekt vom Tourismus, sagt Jürgen Kaiser, Bürgermeister in der Gemeinde Schluchsee. Doch wenn der Pegel sinkt, werden Randstreifen mit Rückständen freigelegt, die nicht zum Baden locken: Felsen, Torf und Schlick. Die Segelboote können kaum zu Wasser gebracht werden. Ein Meter niedrigeres Wasser machen bis zu zehn Meter mehr Ufer aus.

Für den Strommix wichtig

„Das ist ein Energiesee“, sagt derweil Peter Steinbeck, der Sprecher der Schluchseewerk AG. „Ohne den Aufstau könnte der See gar nicht touristisch genutzt werden.“ Für die Nutzung hat das Werk einen Bewirtschaftungsvertrag, doch der stammt aus dem Jahr 1928 und läuft alsbald aus. Seit einem Jahr wird um die neuen Konditionen gerungen. Die Gemeinde Schluchsee, Angler und Segler wollen neue Mindestpegelstände für den Sommer verbindlich festschreiben. Das will das Schluchseewerk auch, doch die Vorstellungen klaffen auseinander. „Wir brauchen mehr Flexibilität“, betont Sprecher Steinbeck.

Hintergrund: Durch die Energiewende müssen Pumpspeicher Ausfälle von Sonne und Wind kompensieren. Wasserkraftwerke können binnen 90 Sekunden liefern, bis ein Kohlekraftwerk zugeschaltet werden kann, dauert es dreieinhalb Stunden. Speicherseen haben daher zunehmende Bedeutung für das Management des Strommixes. Und deshalb möchte das Schluchseewerk gerne auf mehr Wasser zugreifen.

Der Pegelstand muss geregelt werden

Bislang galt als ungeschriebenes Gesetz: Im Sommer soll der Pegel nicht unter den sogenannten „Pfingstpegel“ von 924 Metern sinken, aber auch nicht über 930 Meter steigen. Im neuen Vertrag will das Schluchseewerk den Pegel auch im Sommerbetrieb um einen Meter auf 923 absenken dürfen, in „dringend notwendigen Ausnahmen“ sogar auf 922 Meter. Damit könnten 32 statt 28 Prozent der verfügbaren Wassermenge von 108 Millionen Kubikmetern genutzt werden. „Das geht auf gar keinen Fall“, sagt dagegen Schluchsee-Bürgermeister Kaiser entschieden. „Bei 922 Metern wäre der Badebetrieb tot.“ Er ist deutlich enttäuscht vom Kraftwerksbetreiber, mit dem man bisher ein recht gutes Verhältnis hatte. „Natürlich akzeptieren wir seine wirtschaftlichen Interessen, aber auch wir haben welche“, betont Kaiser.

Das Schluchseewerk hat seine Anträge eingereicht. Nun liegt die Angelegenheit beim Regierungspräsidium Freiburg, das – nach geplanten Anhörungen – die Abwägung treffen muss. Fest steht: der jetzige Vertrag wird am 16. März 2017 ungültig.