Der frühere VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech attackiert Aufsichtsräte und bringt sich damit selbst in eine heikle Lage, kommentiert Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Dieser Schlagabtausch zeigt, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen dem früheren VW-Patriarchen Ferdinand Piëch und dem Aufsichtsrat des Autoriesen ist. Der frühere Aufsichtsratschef Piëch hat ausgesagt, dass er das Präsidium des Aufsichtsrats schon lange vor Bekanntwerden des Abgasskandals auf Probleme mit Dieselmotoren in den USA angesprochen habe. Der Aufsichtsrat veröffentlicht daraufhin eine Mitteilung, in der die Behauptungen Piëchs nachdrücklich als falsch zurückgewiesen werden. Im Klartext: Piëch soll gelogen haben.

 

Warum hat der Patriarch nicht nachgehakt?

Piëchs Aussagen sind brisant. Denn würden sie stimmen, wäre zu fragen, warum die vier Mitglieder des Präsidiums, darunter der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil und Piëchs Cousin Wolfgang Porsche, als Kontrolleure nicht nachgehakt haben. Das könnte auch die Staatsanwaltschaft interessieren, die unter anderem schon gegen den früheren VW-Chef Martin Winterkorn ermittelt, weil er verdächtigt wird, die Öffentlichkeit zu spät informiert und betrogen zu haben.

Doch auch für Piëch selbst sind die Aussagen brisant. Und dies nicht nur, weil er der Lüge beschuldigt wird. Denn es ist zu fragen, warum der damals bei VW allmächtige und als misstrauisch bekannte Patriarch nicht selbst nachgehakt hat. Piëch hat bei der Befragung durch die Braunschweiger Staatsanwälte angeblich ausgesagt, der ehemalige israelische Botschafter Avi Primor habe ihm im Februar 2015 ein Schreiben gezeigt, mit dem US-Behörden den VW-Konzern über den Einbau verbotener Software zur Motorsteuerung konfrontiert hätten. Bekannt wurde der Abgasskandal erst im September 2015. Wenn Piëch, wie er behauptet, das Präsidium des Aufsichtsrats darüber informiert haben sollte, so deutet dies darauf hin, dass er die Sache für wichtig hielt.

Piëch verlor 2015 einen beispiellosen Machtkampf

Wer die Vorgeschichte kennt, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Rachegedanken bei Piëchs Aussagen eine Rolle spielen. Denn er belastet ausgerechnet vier Aufsichtsräte, die ihm wohl die größte Schmach seines Lebens beigebracht haben. Im April 2015 verlor der Enkel des Käfer-Konstrukteurs Ferdinand Porsche einen beispiellosen Machtkampf und musste den Vorsitz des Aufsichtsrats aufgeben.