Der Präsident Markus Meckel will den Verein wohl zu schnell in die Zukunft führen. Dabei stand seine Wahl vor drei Jahren für einen Aufbruch. Seine Abwahl wäre ein fatales Zeichen, kommentiert die StZ-Autorin Hilke Lorenz.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Kassel/Berlin - Wie aktuell Kriegserinnerungen und das Gedenken an deren Folgen sind, sehen wir in diesem Jahr bei vielen Gelegenheiten. Die Länder, die am Ersten Weltkrieg beteiligten waren, stehen gemeinsam an den Gräbern der Soldatenfriedhöfe und versichern einander, dass der Kontinent nie wieder in einen Zustand der Uneinigkeit oder gar Feindschaft zurückfallen dürfe. Wenn es eines Beweises bedürfte, dass im Jahr 2016 die Erinnerung an kriegerische Gewalt, Schuld und Verantwortung nur im europäischen Kontext gedacht werden kann, die Weltlage liefert ihn gerade. Der Weg zurück in die Vergangenheit und in national-isoliertes Denken verbietet sich also.

 

Was nützen Vorhaben, wenn sie nur intern bekannt sind

Für diesen europäischen Weg des Erinnerns und der Übernahme von historischer Verantwortung steht an exponierter Stelle beim Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge dessen Präsident Markus Meckel. Er hat sich die Aufgabe, den Verein in der europäischen Gedenkkultur neu und fest zu verankern, zu eigen gemacht. Offenbar mehr als manchem in den Landesverbänden der föderal aufgebauten Organisation und in der Bundesgeschäftsstelle in Kassel lieb ist. Meckel ist zwar nicht der Architekt dieses neuen Weges. Die Pläne gehen weit vor seine Amtszeit zurück. Aber kein Präsident ist diesen Weg in dem Tempo gegangen, das Meckel nun vorlegt. Das verschreckt viele Haupt- und Ehrenamtliche, und das stellt alte Gewohnheiten und Abläufe in Frage. Aber was nützen Beschlüsse und Vorhaben, wenn sie nur intern bekannt sind? Wer ernst genommen werden will, braucht die Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Daran arbeitet Meckel seit drei Jahren erfolgreich. Das attestieren ihm auch jene, die nun seine Abwahl auf der Bundesvertreterversammlung im September planen.

Meckels Ego mag vielen ebenso wie sein Führungsanspruch zu total, sein Führungsstil zu unsensibel sein. Aber für die erinnerungspolitische Landschaft Deutschlands wäre das Szenario seiner Abwahl ein Rückschlag. Meckel ist dabei, seinen Verein zu einer nun auch jenseits der Reservistenverbände wahrgenommen Stimme im europäischen Gedenkdiskurs zu machen. Die Kontakte, die er aus seinem politischen Leben mitbringt, kommen ihm bei dieser Aufgabe zu Gute. Dass das Thema Schuld und Verantwortung im Kontext der deutschen Geschichte Meckels Lebensthema ist, steht außer Frage. Umso härter war die interne Verständigung auf ein Leitbild und damit die differenzierte Einordnung des Zweiten Weltkriegs und die Schuldfrage der einzelnen Akteure.

Der Volksbund braucht Geld aus der Politik

Insofern schien Meckels Wahl 2013 ein deutliches Zeichen für den Willen zum Aufbruch zu sein. Allein dass ein Pfarrer an der Spitze einer Organisation steht, die lange von soldatischem Denken geprägt war, war ein gewagter Schritt. Aber eben auch ein Signal an die Gesellschaft. Meckels Abwahl wäre es bei allen Schwierigkeiten ebenso.

Meckel scheint an der Selbstverständlichkeit zu scheitern, dass sich nun auch eine von Soldaten und deren Angehörigen bestimmte Organisation mit den Fragen von Verantwortung und Schuld beschäftigt. Und er läuft mit seinen finanziellen Plänen für die Zukunft gegen Wände. Meckel will in Öffentlichkeitsarbeit und Projekte investieren, die deutsche Verantwortung differenziert betrachten. Seine Kontrahenten wollen die Finanzen des Volksbundes durch Ausgabendisziplin konsolidieren. Zwar betonen alle, mit der Abwahl Meckels solle Schaden abgewendet werden. Es gehe um den Führungsstil Meckels – und nicht um einen Richtungsstreit. Sie vergessen dabei, dass der Volksbund nicht irgendein Verein ist. Er erfüllt einen öffentlichen Auftrag. Er ist zuständig für die deutschen Kriegsgräber im Ausland. Dafür bekommt er Geld vom Bund. Die Politik zahlt aber nur, wenn die Hausaufgaben gemacht sind. Der Volksbund wäre gut beraten, sich nicht sein eigenes Grab zu graben.